Alles rund um die Pflegeversicherung

Pflegeversicherung

Alles rund um die Pflegeversicherung

Stand: 04.03.2024

Eine Krankheit, ein Unfall oder eine Behinderung können dazu führen, dass eine Person Hilfe im Alltag benötigt und eine sogenannte Pflegebedürftigkeit entsteht. Eltern und Angehörige können sich dann an die Pflegeversicherung wenden, um Unterstützungsleistungen für die Pflege ihres Angehörigen zu erhalten. Im Nachfolgenden möchten wir dir die Grundsätze der sozialen Pflegeversicherung vorstellen. Wir erklären beispielsweise, wer Leistungen von der Pflegeversicherung erhält und wie der Pflegegrad festgestellt wird. Außerdem bekommst Du Informationen darüber, welche Leistungen der Pflegeversicherung es gibt und welche Voraussetzungen dafür gelten.

Bildquelle: © DOC RABE Media - stock.adobe.com 

Was ist die soziale Pflegeversicherung?

Die soziale Pflegeversicherung wird nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) geregelt. Sie ist eine Pflichtversicherung, d.h. wenn Du gesetzlich krankenversichert bist, dann bist Du automatisch in der sozialen Pflegeversicherung versichert. Privat Versicherte müssen eine private Pflegeversicherung abschließen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen sich die Pflichtbeiträge und finanzieren so die Leistungen der Pflegeversicherung im Falle einer Pflegebedürftigkeit.

Der allgemeine Beitragssatz liegt bei 3,4 % des Bruttoeinkommens. Bei Kinderlosen ab 23 Jahren liegt dieser bei 4 %. Träger der sozialen Pflegeversicherung ist die Pflegekasse. Diese wiederum ist ein Teil der Krankenkasse.

Die Pflegeversicherung deckt häufig nicht den kompletten Bedarf an Pflegeleistungen ab, sie wird daher auch als „Teilkostenversicherung“ bezeichnet. Pflegebedürftige Personen oder Angehörige müssen die verbleibenden Kosten dann selbst tragen. Gegebenenfalls können aber zusätzlich Leistungen der Hilfe zur Pflege nach SGB XII beantragt werden.

In manchen Fällen kann es auch sein, dass die Pflegeleistungen von anderen Sozialversicherungsträgern übernommen werden, beispielsweise von der Unfallversicherung, wenn der Pflegebedarf aufgrund eines Arbeitsunfalls eingetreten ist. Die Pflegeversicherung unterstützt neben der pflegebedürftigen Person auch die Pflegepersonen, also beispielsweise Angehörige, welche die Pflege übernehmen. Sie können eine Versicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung während der Pflegetätigkeit erhalten oder kostenfrei Pflegekurse besuchen. Weitere Informationen darüber erhältst Du in unserem Fachbeitrag „Welche Leistungen der sozialen Pflegeversicherung gibt es für die Pflegeperson?“.

 

Pflegebedürftig sind Personen, “die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer – voraussichtlich für mindestens sechs Monate – und mit mindestens der in § 15 SGB XI festgelegten Schwere bestehen” (Bundesgesundheitsministerium).

Wer erhält Leistungen der sozialen Pflegeversicherung?

Damit eine pflegebedürftige Person Leistungen der Pflegeversicherung erhalten kann, gelten grundsätzlich folgende Voraussetzungen:

  • Die pflegebedürftige Person erfüllt die Vorversicherungszeit, d.h. in den letzten zehn Jahren vor der Antragstellung war sie mindestens zwei Jahre bei der Pflegeversicherung versichert oder über die Familienversicherung mitversichert (Kinder sind über ihre Eltern familienversichert, bei ihnen gilt die Vorversicherungszeit als erfüllt, wenn ein Elternteil sie erfüllt)
     
  • es wurde ein Antrag gestellt
     
  • bei der Person liegt eine Pflegebedürftigkeit vor, d.h. es wurde ein Pflegegrad festgestellt. Was der Pflegegrad ist, wie er festgestellt wird und welche Unterschiede es bei der Feststellung bei Kindern gibt, erfährst Du in unserem Fachbeitrag "Was ist der Pflegegrad?".
     
  • der Anspruch auf Leistungen ist weder ausgeschlossen noch erloschen und ruht nicht (wie das beispielsweise bei Auslandsaufenthalten möglich ist)

Wer Leistungen der Pflegeversicherung erhalten möchte, sollte also zunächst prüfen, ob er die Vorversicherungszeit erfüllt. Bei Kindern, die von Geburt an pflegebedürftig sind, muss ein Elternteil diese Vorversicherungszeit erfüllen, damit ein Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung besteht.

Hinweis: Das ist beispielsweise nicht der Fall, wenn eine Familie erst vor kurzem aus dem Ausland nach Deutschland gezogen ist und somit noch nicht lange genug in die Pflegeversicherung eingezahlt hat. In diesem Fall kann ein Antrag auf Hilfe zur Pflege (§ 61-66 SGB XII) an das örtliche Sozialamt gestellt werden. Dort wird dann (regional unterschiedlich) entweder der Medizinische Dienst oder das Gesundheitsamt mit der Begutachtung beauftragt. Sollte bereits ein Pflegegrad vom Medizinischen Dienst festgestellt worden sein, so ist dieser auch für das Sozialamt die verbindliche Grundlage für eine Entscheidung (§ 62 SGB XII).

Solltest Du die Vorversicherungszeit erfüllen, dann muss ein Antrag bei der Pflegekasse deiner entsprechenden Krankenkasse gestellt werden. Privatversicherte stellen diesen Antrag bei ihrer Versicherung. Den Antrag stellt die pflegebedürftige Person selbst oder seine Angehörigen oder Nachbarn, insofern sie dazu bevollmächtigt sind. Der Antrag erfordert keine bestimmte Form und kann schriftlich, telefonisch oder per Mail gestellt werden. Daraufhin sendet die Pflegekasse einen Fragebogen an den Antragsteller.

Die Pflegekasse beauftragt danach den medizinischen Dienst zur Erstellung eines Gutachtens, das Auskunft über die Pflegebedürftigkeit und damit auch über den jeweiligen Pflegegrad gibt. Bei privat Versicherten wird dieses Gutachten von dem Unternehmen MEDICPROOF erstellt. Der festgestellte Pflegegrad entscheidet dann über die Höhe und Art der Leistungen, die in Anspruch genommen werden können.

In diesem Erklärvideo des VdK auf YouTube erfährst Du noch einmal zusammengefasst den Ablauf der Antragstellung und das Vorgehen der Pflegekasse.

Welche Fristen bei der Antragstellung gibt es?

Die Pflegekasse hat nach Eingang des Antrages 25 Arbeitstage zur Bearbeitung des Antrages und zur Erteilung eines schriftlichen Bescheids über die Entscheidung der Pflegekasse (Ausnahme bei stationären Aufenthalten o.ä.) Zeit. Sollte diese Frist überschritten werden, ist die Pflegekasse dazu verpflichtet für jede begonnene Woche 70 € an den Antragsteller zu zahlen, sofern die Pflegekasse für die Verzögerung verantwortlich ist (§ 18c Absatz 5 SGB XI).

Wenn eine Begutachtung nicht innerhalb von 20 Tagen ab der Antragstellung erfolgt, dann muss die Pflegekasse dem Antragsteller eine Liste mit mindestens 3 Gutachtern zukommen lassen. Von diesen Gutachtern kann der Antragsteller sich einen aussuchen, der die Pflegebegutachtung durchführen soll. Die Entscheidung muss der Antragsteller der Pflegekasse innerhalb von einer Woche, also ab dem Zeitpunkt ab dem er die Liste mit Gutachtern von der Pflegekasse erhält, mitteilen (§ 18 Abs. 3 SGB XI).

Welche Leistungen gibt es?

Die Pflegeversicherung hält je nach Pflegegrad verschiedene Leistungen bereit. Für Personen mit dem Pflegegrad 1 gibt es andere Leistungen als für Personen mit einem höheren Pflegegrad. Ausnahme sind die Digitalen Pflegeanwendungen (DiPA). Diese können Pflegebedürftige aller Pflegegrade gleichermaßen in Anspruch nehmen.

Grundsätzlich wird bei den Leistungen unterschieden, ob es sich um häusliche, teilstationäre oder vollstationäre Pflege handelt, also wo der Pflegebedürftige gepflegt wird. 
Dabei hat die Pflegeversicherung zum Ziel, dass der Pflegebedürftige möglichst lange zu Hause gepflegt werden kann. Die Pflegeversicherung soll daher mit ihren Leistungen vorrangig die häusliche Pflege unterstützen. Ist dies nicht möglich, gehen Leistungen der teilstationären Pflege oder der Kurzzeitpflege den Leistungen der vollstationären Pflege vor (§ 3 SGB XI).
 

Folgende Leistungen gibt es für Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 1 (§ 28a SGB XI):  

Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 2 und höher erhalten folgende Leistungen (§ 36-45 SGB XI):  

Weiterführende Informationen
Quellenverzeichnis
Bildquellen