Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen und Leistungen für den barrierefreien Um- und Neubau

Wohnen

Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen und Leistungen für den barrierefreien Um- und Neubau

Stand: 30.11.2023

Wer seine Wohnung oder sein Haus aufgrund einer Behinderung oder der Behinderung eines Familienmitglieds umbauen möchte, sieht sich häufig finanziellen Belastungen gegenüber. Es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten der Förderung, die eine finanzielle Entlastung bieten können. Der folgende Überblick kann dir helfen den richtigen Weg für dich zu finden.

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Leistungsträger allgemein

Grundsätzlich empfehlen wir dir bei allen Fördermöglichkeiten den Antrag bereits vor der Umbaumaßnahme mit einem Kostenvoranschlag zu stellen und die Bewilligung abzuwarten. So kannst Du sicher gehen ob und wie viel Zuschuss Du erhältst. Ansonsten kann es passieren, dass Du für die gesamten Kosten aufkommen musst, da z. B. eine Fördermaßnahme schon ausgeschöpft ist oder dein Antrag nicht genehmigt wurde. Weiterhin wird für viele Maßnahmen eine Orientierung an DIN 18040-2 (früher DIN 18025) (PDF-Download) gefordert.

Wer als Leistungsträger für die Umbaukosten in Frage kommt, hängt von deiner jeweiligen Lebenssituation ab, also z.B. von der Ursache der Behinderung oder ob Du bereits erwerbstätig warst. Wenn Du dir unsicher bist, an welchen Rehabilitationsträger Du dich wenden sollst, dann empfehlen wir dir dich in einer EUTB-Beratungstelle beraten zu lassen.  Du kannst den Antrag aber an jeden Rehabilitationsträger stellen. Dieser muss den Antrag an den zuständigen Leistungsträger weiterleiten. Beachte auch, dass der Vermieter der Baumaßnahme im Vorfeld zustimmen muss.

Pflegekasse

Über die Pflegekasse können sowohl ein Zuschuss für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen als auch die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln beantragt werden. Die gesetzliche Grundlage dazu findest Du im § 40 SGB XI. Informationen zu den Hilfsmitteln der Pflegekasse findest Du in unserem Fachbeitrag zum Thema Hilfsmittel. Im Folgendem möchten wir dich über Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen informieren (§ 40 Abs. 4 SGB XI).

Voraussetzungen

  • Du oder dein Kind haben Anrecht auf Leistungen aus der Pflegeversicherung, also mindestens Pflegegrad 1.
     
  • Durch die Baumaßnahme muss „die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt” werden. So legt es der § 40 Abs. 4 SGB XI fest.

Leistungen

  • Zuschuss bis max. 4000 € für eine Maßnahme.
     
  • Als Maßnahme gelten alle Veränderungen zusammen, die zu dem jeweiligen Zeitpunkt notwendig sind (auch wenn sie erst später z. B. aus Kostengründen durchgeführt werden). Verschiedene Einzelmaßnahmen, die zum Zeitpunkt der Bewilligung notwendig sind, wie z. B. die Verbreiterung der Türstöcke oder der Umbau des Bades gelten damit als nur eine Maßnahme.
     
  • Sollten sich der Gesundheitszustand oder die Pflegesituation verändern kann eine neue Maßnahme gewährt werden.
     
  • Die Umbau-Maßnahme kann nicht nur in der Wohnung des Pflegebedürftigen erfolgen, sondern auch in der Wohnung in der der Pflegebedürftige aufgenommen wurde (also z. B. wenn der Vater aufgrund seiner Pflegebedürftigkeit bei seinem Sohn einzieht). Wichtig zu wissen ist auch, dass dort auch ein Zuschuss zu einem Umzug möglich ist.
     
  • Leben mehrere Pflegebedürftige zusammen erhalten auch sie pro Peron max. 4000 € Zuschuss für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen. Die Zuschüsse dürfen allerdings die Grenze von 16.000 € je Maßnahme nicht übersteigen.

Antrag

  • Den Antrag stellst Du bei deiner Pflegekasse. Diese lässt den Antrag ggf. durch den Medizinischen Dienst (MD) vor Ort prüfen.

Weitere Informationen findest Du beim Bundesministerium für Gesundheit und auf der Seite nullbarriere.de.

Krankenkasse

Als Leistungsträger für Umbaumaßnahmen kommt die Krankenkasse zunächst nicht in Frage. Allerdings können über die sogenannte Hilfsmittelverordnung bestimmte Hilfsmittel genehmigt werden.

Voraussetzungen

  • Durch die Anschaffung muss eine Erleichterung und Linderung von Beschwerden eintreten.

Leistungen

  • Hilfsmittel nach der Hilfsmittelverordnung, wie z. B. Halte- und Wandstützgriffe, WC-Erhöhung, Badewannenlift, Lichtsignalanlagen für Menschen mit Hörbehinderung etc.
     
  • Die Hilfsmittel findest Du im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes.
     
  • Reine Baukosten werden von der Krankenversicherung nicht übernommen.

Antrag

  • Lasse dir von deinem Arzt die entsprechenden Hilfsmittel verordnen.

Rentenversicherung, Integrationsamt und Agentur für Arbeit

Für erwerbstätige Menschen mit Behinderung kommen drei mögliche Leistungsträger in Frage. Die versicherungsrechtliche Vorleistung entscheidet darüber, welcher Leistungsträger zuständig ist. Die Kosten für den Umbau einer Wohnung können dann als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben übernommen werden. Gesetzliche Grundlage ist bei allen drei Leistungsträgern SGB IX § 49 (8) Nummer 6.  

Rentenversicherung

Voraussetzungen

  • Der Mensch mit Behinderung ist berufstätig und hat mindestens 15 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung ein bezahlt (ansonsten ist die Agentur für Arbeit zuständig).

Leistungen

  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, was nach SGB IX § 49 (8) Nummer 6 die Kosten der Beschaffung, der Ausstattung und der Erhaltung einer behinderungsgerechten Wohnung in angemessenem Umfang enthält.

Antrag

  • Antrag beim zuständigen Rentenversicherungsträger.

Agentur für Arbeit

Voraussetzung

  • Weniger als 15 Jahren Beitragszahlung (ansonsten Rentenversicherung).
     
  • Der Mensch mit Behinderung befindet sich im Eingangsverfahren einer WfbM oder macht dort im Berufsbildungsbereich eine Ausbildung.

Leistungen

  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, was nach SGB IX § 49 Abs. 8 Nummer 6 die Kosten der Beschaffung, der Ausstattung und der Erhaltung einer behinderungsgerechten Wohnung in angemessenem Umfang enthält.

Antrag

Integrationsamt

Menschen mit Schwerbehinderung, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt berufstätig sind, können aus Mitteln der Ausgleichsabgabe (siehe dazu unseren Fachbeitrag "Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben" und § 22 SchwbAV) im Rahmen der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben Leistungen zur Wohnungshilfe erhalten.  

Voraussetzungen

  • Die Baumaßnahme dient der Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes und damit der Teilhabe am Arbeitsleben
     
  • Der Antragsteller ist Beamter oder Selbständiger oder nimmt erstmals nach Eintritt einer Behinderung eine Berufstätigkeit auf
     
  • Gesetzliche Grundlage ist auch hier das SGB IX § 49 Abs. 8 Nummer 6.

Leistungen

  • Gewährung von zinslosen oder zinsverbilligten Darlehen (ohne Rechtsanspruch) zum Bau oder Erwerb von behindertengerechtem Wohnungseigentum.
     
  • Zuschuss zur Anpassung und Ausstattung von Wohnraum an behinderungsbedingte Bedürfnisse.
     
  • Zuschuss zum Umzug in eine behinderungsgerechte oder verkehrsgünstigere Wohnung.

Antrag

Weitere Informationen dazu findest Du im Fachlexikon der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen unter dem Stichwort „Wohnungshilfen“.  

Unfallversicherung

Menschen mit Behinderung, die aufgrund eines Unfalls oder einer Berufskrankheit eine Behinderung haben, wenden sich für Hilfen zum behindertengerechten Um- und Neubau an die gesetzliche Unfallversicherung, beziehungsweise an die jeweilige Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse. Die Leistungen können dann als Hilfe zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft oder als Hilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt werden. Gesetzliche Grundlage ist § 41 SGB VII. Einzelheiten regeln die Gemeinsamen Richtlinien der Verbände der Unfallversicherungsträger (PDF-Download).

Voraussetzung

  • Die Behinderung ist aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit eingetreten.
     
  • Die Leistung wird erbracht, wenn Du „infolge Art oder Schwere des Gesundheitsschadens nicht nur vorübergehend auf die behindertengerechte Anpassung vorhandenen oder die Bereitstellung behindertengerechten Wohnraums angewiesen“ bist (§ 41 SGB VII).
     
  • Einkommens- oder Vermögensgrenzen gelten nicht.

Leistung

  • Abhängig vom Einzelfall können in größerem Umfang Kosten für behindertengerechte Anpassung (Um- und Ausbau) und Bereitstellung behindertengerechten Wohnraums bewilligt werden.
     
  • Umzugskosten sowie Kosten für die Bereitstellung von Wohnraum für eine Pflegekraft
     
  • Die Höhe der Leistungen ist unbegrenzt.

Genauere Informationen sind recht gut verständlich in den Gemeinsamen Richtlinien der Verbände der Unfallversicherungsträger über Wohnungshilfe  (PDF-Download) festgelegt.

Antrag

  • Den Antrag stellst Du beim zuständigen Unfallversicherungsträger. Dies ist in vielen Fällen die zuständige Berufsgenossenschaft.

Weitere Informationen findest Du auf der Website der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.

Sozialamt

Leistungen des Sozialamtes (Sozialhilfeträger) sind immer einkommens- und vermögenabhängig. Zudem können sie nur dann geltend gemacht werden, wenn kein anderer Kostenträger zuständig ist. 
Manchmal werden Leistungen auch nur als Darlehen vergeben. Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen können als Hilfe zur Pflege im Rahmen der Sozialhilfe beantragt werden. Hilfe zur Pflege wird allerdings nur bei Pflegebedarf gewährt, wenn die Leistung der Pflegeversicherung nicht ausreicht oder keine Leistung durch die Pflegeversicherung möglich ist. Gesetzliche Grundlage ist § 64e SGB XII.

Voraussetzung

  • Kein anderer Kostenträger darf für die Leistungen zuständig sein.
     
  • Einkommens- und Vermögensgrenzen müssen eingehalten werden.

Leistung

  • Darlehen oder Zuschüsse
     
  • Art und Höhe der Hilfen ist immer eine Einzelfallentscheidung

Antrag

Eingliederungshilfe

Im Rahmen den Eingliederungshilfe können Menschen mit Behinderung sogenannte „Hilfen bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung einer Wohnung, die den Bedürfnissen der behinderten Menschen entspricht“ beantragen. Rechtsgrundlage für diese Leistung ist  § 113 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX i. V. m.  § 77 SGB IX nF.

Förderprogramme der Länder

Eine Vielzahl von finanziellen Fördermöglichkeiten gelten erst ab Eintritt ins Arbeitsleben, so dass für einen behinderungsgerechten (Um-)Bau für Familien mit jüngeren Kindern im Wesentlichen nur Zuschüsse der Pflegeversicherung, der Krankenkassen (für eingebaute Hilfsmittel), sowie des Sozialhilfeträgers in Frage kommen. In vielen Bundesländern gibt es allerdings Förderprogramme, die bei einem behinderungsgerechten Um- oder Neubau günstige Darlehen oder Zuschüsse vergeben.

Da die Regelungen hier sehr unterschiedlich und zum Teil zeitlich befristet sind, beschränken wir uns hier nur auf Bayern. Bezüglich der Fördermittel in anderen Bundesländern, erkundige dich am besten beim zuständigen Bauamt.

Voraussetzungen

  • Für einen chancenreichen Antrag sollte ein Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von mindestens 50 vorliegen, da erst ab diesem Wert von einer sozialen Dringlichkeit ausgegangen wird. Informationen zum Schwerbehindertenausweis findest Du in unserem Fachbeitrag "Alles rund um den Schwerbehindertenausweis".
     
  • Antragsteller ist Eigentümer und bewohnt den Wohnraum selbst oder vermietet ihn an einen Menschen mit Behinderung.
     
  • Einhaltung von Einkommensgrenzen für das Familieneinkommen. Die Berechnung dieser Grenzen ist sehr aufwändig, weswegen wir hier keine genaue Bestimmung geben können. Genauere Auskünfte dazu erteilen die Ämter für Wohnungsbauförderung der Städte und Landkreise.

Leistungen

  • Es kann ein zins- und leistungsfreies Darlehen (also ein Zuschuss) von bis zu 10.000 € gewährt werden.

Antrag

  • Den Antrag für diese Gelder stellst Du direkt an die Städte München, Augsburg oder Nürnberg, wenn Du in deren Stadtgebiet wohnst und in den übrigen Fällen an die jeweiligen Bezirksregierungen. Auf der Seite Bayern Portal findest Du alle wichtigen Formulare und Informationen dazu.

Kredite der KfW-Bank

Die KfW-Bank bietet für den barrierefreien Umbau einen Kredit mit geringem Zinssatz und einen Investitionszuschuss zur Barrierereduzierung an. Alle Informationen zum Kredit findest Du hier auf der Seite der KfW-Bank. Der Zuschuss ist allerdings nur so lange möglich bis die Fördermittel aufgebraucht sind. Darüber hinaus gibt es auch noch weitere Förderprogramme der KfW- Bank (PDF-Download).

Steuererleichterungen

Falls für dich keine der oben genannten Leistungsträger in Frage kommt, so hast Du immer noch die Möglichkeit die Kosten für den Umbau als „außergewöhnliche Belastungen“ in deiner Steuererklärung geltend zu machen. Informiere dich am besten vor ab beim Finanzamt, welche Unterlagen Du dafür einreichen musst. Weitere Informationen zu Steuererleichterungen findest Du in unserem Fachbeitrag zum Thema „Steuererleichterungen“

Weiterführende Informationen
Quellenverzeichnis
Bildquellen