Bundesteilhabegesetz (BTHG)

Recht auf Teilhabe

Bundesteilhabegesetz (BTHG)

Stand: 12.03.2024

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist ein umfassendes Gesetzespaket, welches stufenweise in Kraft getreten ist. Ziel ist es, durch das Gesetz unter anderem die Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu verbessern. Im Jahr 2017 ist die erste Stufe des BTHG in Kraft getreten. Im Folgenden findest Du einige grundlegende Informationen zum BTHG und die Änderungen, die durch das BTHG erfolgt sind.

Bildquelle: © Robert Kneschke - stock.adobe.com

Was ist das Bundesteilhabegesetz?

Beim Bundesteilhabegesetz (BTHG) handelt es sich um ein umfassendes Gesetzespaket. Es regelt die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben neu. Das BTHG wurde in zeitversetzten Reformstufen umgesetzt, sodass nicht alle Änderungen auf einmal in Kraft getreten sind. Die ersten Neuerungen begannen im Jahr 2017 und die vollständige Umsetzung sollte bis 2023 abgeschlossen worden sein. Eine genaue Übersicht über die Stufen der Umsetzung findest Du weiter unten im Abschnitt “Die Stufen der Umsetzung des BTHG”. 

Die Vorgaben für das BTHG waren vor allem die Prinzipien der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), die seit 2009 in Deutschland gültig ist. 

Das Bundesteilhabegesetz soll mit seinen umfangreichen Rechtsänderungen dazu beitragen, Menschen mit Behinderungen eine möglichst gleichberechtigte, volle und wirksame Teilhabe am politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben sowie eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.

Welche Zielsetzung verfolgt das BTHG?

Im Bundesteilhabegesetz wird ein Perspektivwechsel nach Vorgabe der UN-Behindertenrechtskonvention vollzogen. Zielsetzungen sind unter anderem:

  • von der Ausgrenzung zur Inklusion
     
  • von der Einrichtungs- zur Personenzentrierung
     
  • von der Fremd- zur Selbstbestimmung
     
  • von der Betreuung zur Assistenz
     
  • vom Kostenträger zum Dienstleister
     
  • von der Defizitorientierung zur Ressourcenorientierung

Dadurch soll ein weiterer Schritt zu einer inklusiven Gesellschaft erreicht werden.

Wie ist das Bundesteilhabegesetz aufgebaut?

Ziel des Gesetzes ist es also, die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen zu verbessern.

Das Bundesteilhabegesetz hat dabei folgende Struktur:

  • Im SGB IX, Teil 1 ist das für alle Rehabilitationsträger geltende Rehabilitations- und Teilhaberecht zusammengefasst.
     
  • Im SGB IX, Teil 2 ist die aus dem SGB XII herausgelöste und reformierte Eingliederungshilfe unter dem Titel „Besondere Leistungen zur selbstbestimmten Lebensführung von Menschen mit Behinderungen“ geregelt.
     
  • Im SGB IX, Teil 3 steht das weiterentwickelte Schwerbehindertenrecht.

Welche Maßnahmen werden durch das Bundesteilhabegesetz verfolgt?

Frühzeitige Intervention

Die Träger (§ 6 SGB IX) von Reha-Maßnahmen sind verpflichtet frühzeitig drohende Behinderungen zu erkennen und gezielt Prävention zu ermöglichen. Ziel ist es, durch geeignete präventive Maßnahmen, chronischen Erkrankungen oder Behinderungen entgegenzuwirken sowie Erwerbsfähigkeit zu erhalten.

Verfahren

Es wurden gesetzliche Regelungen zur Zuständigkeit und zur Einführung eines trägerübergreifenden Teilhabeplanverfahrens für alle Rehabilitationsträger definiert. Demzufolge ist nur noch ein einziger Reha-Antrag notwendig, um ein umfassendes Prüf- und Entscheidungsverfahren zu veranlassen, auch wenn Leistungen und Zuständigkeiten unterschiedlicher Träger in Anspruch genommen werden. Das bedeutet für die Betroffenen im besten Fall eine erhebliche Erleichterung und Zeitersparnis.

Beratung

Ebenfalls wurden träger- und leistungserbringerunabhängige Netzwerke mit Beratungsstellen für Menschen mit Behinderungen sowie deren Angehörige eingerichtet. Dort findet vor allem eine Beratung von Betroffenen für Betroffene statt. Denn Menschen mit Behinderungen wissen am besten, welche Unterstützung sie benötigen. Durch die unabhängige Beratung von Menschen mit Behinderungen für Menschen mit Behinderungen können eigene Erfahrungen weitergegeben und so im besten Fall individuelle Lösungen gefunden werden. 

Auf der Seite der Teilhabeberatung und in unserem Fachbeitrag oder in unserem Video auf YouTube zum Thema "EUTB" findest Du weitere Informationen. 

Eingliederungsleistungen

Die Möglichkeiten der Teilhabe am Arbeitsleben, der Teilhabe an Bildung und der Sozialen Teilhabe wurden verbessert.

  • Teilhabe am Arbeitsleben
    Durch die Zulassung anderer Leistungsanbieter und die Einführung des Budgets für Arbeit wurde eine Verbesserung der Teilhabe am Arbeitsleben erreicht. Was "andere Leistungsanbieter" sind, kannst Du auf der Seite Umsetzungsbegleitung BTHG nachlesen. Jedem Menschen mit Behinderungen soll demnach entsprechend seines individuellen Leistungsvermögens durch passgenaue Leistungen und Förderung die für ihn größtmögliche Teilhabe am Arbeitsleben ermöglicht werden.
     
  • Teilhabe an Bildung
    Neu, in einer eigenen Leistungsgruppe, sind die Leistungen zur Teilhabe an Bildung. Leistungen zur Teilhabe an Bildung sollen Menschen mit Behinderung einen gleichberechtigten Zugang zum allgemeinen Bildungssystem gewährleisten. Auch die allgemeine Hochschulbildung soll diskriminierungsfrei und gleichberechtigt zugänglich gemacht werden.
     
  • Soziale Teilhabe
    Die Leistungen zur Sozialen Teilhabe wurden im Bundesteilhabegesetz neu strukturiert, ergänzt und konkretisiert. So wurden Möglichkeiten einer individuellen und den persönlichen Wünschen entsprechenden Lebensplanung und -gestaltung gestärkt. Diese Assistenzleistungen, die eine selbstbestimmte Alltagsbewältigung ermöglichen können, wurden erstmalig konkret als Leistung benannt. Es gibt auch die sogenannte Elternassistenz, die Mütter und Väter mit Behinderungen bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder unterstützt. Weitere Informationen dazu findest Du in unserem Fachbeitrag zum Thema "Persönliche Assistenz".

In unserem Fachbeitrag "Leistungen zur Teilhabe" findest Du weitere ausführliche Informationen zu den Teilhabeleistungen.

Schwerbehindertenvertretung

Durch mehr Ansprüche auf Freistellungen und Fortbildungen wurde die Mitbestimmung von Menschen mit Behinderungen in den Schwerbehindertenvertretungen der Betriebe verbessert. Auch Werkstatträte haben mehr Rechte erhalten. Um einer geschlechtsspezifischen Diskriminierung besser entgegentreten zu können, wurde die Position einer Frauenbeauftragten geschaffen. In unserem Fachbeitrag zum Thema "Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben" erhältst Du weitere Informationen.

Systemwechsel

Die Eingliederungshilfe für Menschen mit erheblichen Teilhabeeinschränkungen ist nicht mehr Teil des Fürsorgesystems der Sozialhilfe, sondern wurde zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickelt. Folglich sind Leistungen der Eingliederungshilfe nicht mehr von einer bestimmten Wohnform abhängig, sondern orientieren sich ausschließlich am individuellen Bedarf. Dabei wird das Wunsch- und Wahlrecht von Menschen mit Behinderung gestärkt. Fachleistungen der Eingliederungshilfe werden klar von Leistungen zum Lebensunterhalt getrennt und finanziert. 

Für die Betroffenen gibt es bei der Heranziehung von Einkommen und Vermögen deutliche Verbesserungen. Einkommen und Vermögen von Ehe- oder Lebenspartnern werden (seit dem Jahr 2020) nicht mehr angerechnet. Auch für das Einkommen und Vermögen der betroffenen Person sind die Freiräume vergrößert worden

Qualitätskontrolle

Im Vertragsrecht wurden Möglichkeiten für effektivere Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen geschaffen. Dazu ist ein gesetzliches Prüfrecht eingeführt worden. Dadurch wird sichergestellt, dass der Leistungserbringer seine gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen erfüllt. Sanktionsmöglichkeiten bei Verletzung vertraglicher oder gesetzlicher Pflichten sind erweitert worden.

Die Stufen der Umsetzung des BTHG

Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes ist schrittweise verlaufen. In nachfolgender Tabelle siehst Du die anfangs geplanten vier Stufen der Reform und der Inkraftsetzung mit den darin geplanten Änderungen.

Wichtig: mittlerweile gibt es beispielsweise im Bereich der Vermögensfreibeträge bereits erneut Änderungen. Die aktuellen Zahlen haben wir für dich in Klammern ergänzt: 

Reform-
stufe 1 

ab 01.01.2017
bzw. 01.04.2017
  • Änderungen im Schwerbehindertenrecht u.a.
    • Neues Merkzeichen TBI für Menschen mit Blindheit und Gehörlosigkeit
    • Geänderte Voraussetzungen für das Merkzeichen aG (um nicht nur orthopädische, sondern auch andere ursächliche Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen)
       
  • Erste Stufe bei Verbesserungen in der Einkommens- und Vermögensheranziehung, insbesondere durch die Erhöhung des Einkommensfreibetrags um bis zu 260 € monatlich und des Vermögensfreibetrags um 25.000 €
     
  • Verdoppelung des Arbeitsförderungsgeldes von 26 € auf 52 € monatlich (§ 59 SGB IX)
     
  • Das Schonvermögen für Bezieher von SGB-XII-Leistungen von 2600 € auf 5000 € erhöht (Stand 2024: 10.000 €)
Reform-stufe 2

ab 01.01.2018 
  • Einführung SGB IX, Teil 1 (Verfahrensrecht) und 3 (Schwerbehindertenrecht)
     
  • Vorgezogene Verbesserungen im Bereich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und im Gesamtplanverfahren in der Eingliederungshilfe (im SGB XII)
Reform-stufe 3

ab 01.01.2020
  • Einführung SGB IX, Teil 2 (Eingliederungshilferecht)
     
  • Trennung der Fachleistungen der Eingliederungshilfe von den existenzsichernden Leistungen
     
  • Zweite Stufe bei Verbesserungen in der Einkommens- und Vermögensheranziehung
    • Vermögensfreibetrag steigt auf rund 50.000 € (Stand 2024: 63.630 €)
    • Partnereinkommen und -vermögen wird nicht mehr herangezogen
Reform-stufe 4

ab 01.01.2023
  • Neubestimmung des leistungsberechtigten Personenkreises in der Eingliederungshilfe (Artikel 25a BTHG, § 99 SGB IX)

(Diese in der Reform anfangs geplante Stufe wird wie geplant nicht mehr umgesetzt. Es erfolgten bereits Änderungen im Jahr 2021 mit dem Teilhabestärkungsgesetz.)

Wer hilft bei offenen Fragen weiter?  

Fragen beantwortet beispielsweise der Bürgerservice des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales montags bis donnerstags zwischen 8.00 und 20.00 Uhr unter der Telefonnummer 030 221911-006.

Wenn Du dich mit anderen Eltern über ihre Erfahrungen austauschen möchtest, schau gerne bei uns in der Community vorbei. 

Weiterführende Informationen
Quellenverzeichnis
Bildquellen
  • https://stock.adobe.com/de/images/hand-halt-paragraphen-symbol-in-sonne/187302074?asset_id=187302074
  • https://www.istockphoto.com/de/foto/kleines-m%C3%A4dchen-mit-down-syndrom-und-jungen-umarmt-gm920513450-252940974