Inklusives Wahlrecht und Wahlassistenz

Recht auf Teilhabe

Inklusives Wahlrecht und Wahlassistenz

Stand: 15.03.2024

In einer Demokratie ist das Recht zur Wahl und somit die aktive Mitbestimmung ein grundlegendes Prinzip. Seit 2019 gibt es ein inklusives Wahlrecht und jeder deutsche Staatsbürger hat das Recht, bei Wahlen seine Stimme abzugeben. In diesem Fachbeitrag erhältst Du Details über inklusive Wahlen und Wahlassistenz im Allgemeinen. Zudem erhältst Du hilfreiche Informationen darüber, wo Du und dein Kind mit Behinderung Assistenzmöglichkeiten und weitere Unterstützungsangebote finden könnt, um eure Wahlteilnahme zu erleichtern.

Bildquelle: © bizoon/ 123RF.com 

Warum gibt es die inklusive Wahl?

Im Frühjahr 2019 wurden noch bestimmte Personen vom deutschen Wahlrecht ausgeschlossen und durften daher nicht an der Bundes- und Europawahl teilnehmen oder ihre Stimme abgeben. Dieser Ausschluss stand im Widerspruch zur UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) (PDF-Download).

Vom Wahlrecht ausgeschlossen wurden unter anderem Menschen mit Behinderung, die eine umfassende rechtliche Betreuung mit dem Aufgabenbereich "Alle Angelegenheiten" hatten. Das Bundesverfassungsgericht entschied jedoch, dass Wahlrechtsausschlüsse von Betreuten in allen Angelegenheiten und wegen Schuldunfähigkeit untergebrachten Straftätern verfassungswidrig sind (BVerfG, Beschluss vom 29. Januar 2019). Den Aufgabenkreis „Alle Angelegenheiten“ gibt es seit dem 01.01.2023 nicht mehr.

Es spielt keine Rolle, ob eine Person tatsächlich von ihrem Wahlrecht Gebrauch macht oder nicht - das Recht zu wählen bleibt bestehen und ist jedem deutschen Staatsbürger ab erreichen der Altersgrenze (je nach Wahl und Bundesland/Kommune kann diese bei 18 Jahren oder 16 Jahren liegen) gewährleistet. Bei Gemeinde- und Landkreiswahlen besitzen ebenfalls volljährige Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union ein Wahlrecht (Art. 28 Abs.1 GG). Es gibt jedoch Ausnahmen, beispielsweise können einzelne Personen aufgrund eines gerichtlichen Urteils von der Wahl ausgeschlossen werden (§ 13 BWahlG).

Ist Wahlassistenz erlaubt?

Jeder Mensch muss seine Wahlstimme persönlich abgeben. Eine Wahl durch einen gesetzlichen Vertreter ist nicht zulässig. Es gibt jedoch die Möglichkeit Hilfe durch eine Wahlassistenz zu erhalten. Eine Wahlassistenz ist dann möglich, wenn die betroffene Person beispielsweise nicht lesen kann oder motorisch eingeschränkt ist, sodass sie die Wahlstimme selbst nicht abgeben kann (§ 14 Abs. 5 BWahlG).

Bei der Wahlassistenz gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Begleitung des Menschen mit Behinderung in die Wahlkabine
     
  • oder Unterstützung bei der Briefwahl

Wichtig ist, dass der Mensch mit Behinderung in beiden Fällen selbst die Entscheidung trifft, welcher Politiker oder welche Partei gewählt werden soll. In keinem Fall darf die Entscheidung vom Wahlassistenten getroffen oder der Mensch mit Behinderung vom Wahlassistenten beeinflusst werden.

Was ist Wahlfälschung?

Es darf nicht für die Person mit Behinderung gewählt werden, also eine Stimme an deren Stelle abgegeben werden. Sollte dies dennoch geschehen, so nennt man dieses Vorgehen Wahlfälschung (§ 107a StGB). Dabei ist es egal, ob die Wahl persönlich oder per Brief durchgeführt wird – sobald die Stimme nicht explizit von der wahlberechtigten Person ausgeht, ist die Stimme gefälscht. Die Entscheidung muss immer beim Wahlberechtigten liegen. 

Wo gibt es weitere Informationen und Unterstützung?

Für die Landtags- und Bezirkswahlen 2023 in Bayern gibt es Informationen zur barrierefreien Wahl auf der Seite des bayerischen Behindertenbeauftragen.

Körperbehinderung

Ausführliche Auflistungen von barrierefreien Wahllokalen gibt es auf den Webseiten der meisten Städte in Deutschland. Weiter gibt es die Möglichkeit (telefonisch) einen Wahlhelfer als Assistenz zu erhalten oder selbst eine bekannte Person als Wahlassistenz mitzubringen.

Sehbehinderung

Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverein e.V. informiert über wichtige Hilfsmittel, wie Wahlschablonen und bietet passende Audiodateien an. Mitglieder des Vereins erhalten die Schablonen ohne Anmeldung, Nicht-Mitglieder müssen sie zuvor telefonisch bestellen. Weitere Informationen gibt es auf der Seite des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenvereins e.V.

Hörbehinderung

Einige Webseiten von Parteien oder der Bundesregierung haben eine Gebärdensprachenoption, beispielsweise auf der Seite der "Bundeswahlleiterin". Aufgabe der Bundeswahlleiterin ist es unter anderem Wahlen zum Deutschen Bundestag vorzubereiten und dafür zu sorgen, dass diese rechtmäßig durchgeführt werden.

Geistige Behinderung

Die meisten Parteien bieten ihre aktuellen Parteiprogramme und Webseiten in leichter Sprache an und machen es somit einfacher, sich möglichst selbstständig zu informieren. Auch auf der Seite der Bundeswahlleiterin gibt es Informationen in leichter Sprache.

Weiterführende Informationen
Quellenverzeichnis
Bildquellen