Unterstützte Kommunikation (UK)

Kleinkindalter

Unterstützte Kommunikation (UK)

Stand: 21.08.2023

Viele Menschen mit eingeschränkter bzw. fehlender Lautsprache können nicht problemlos über verbale Sprache mit ihrer Umwelt kommunizieren, ihre Bedürfnisse äußern oder an Gesprächen teilnehmen. Kommunikation hat eine sehr hohe Bedeutung. Dieser wird man sich schnell bewusst, wenn die gewohnten Mittel sich auszudrücken nicht mehr zur Verfügung stehen. So kann Unterstützte Kommunikation (UK) für alle Menschen, deren Lautsprache eingeschränkt ist, eine große Hilfe sein. UK kann Menschen die Möglichkeit geben, mithilfe von Gebärden oder Bildsymbolen auf andere Art kommunizieren zu lernen und so an ihrer Umwelt teilhaben zu können. Dieser Fachbeitrag informiert dich darüber, für wen UK geeignet ist, welche Formen von UK es gibt und wie eine UK- Förderung geplant und gestaltet werden kann. Möglicherweise kann Unterstützte Kommunikation ein Weg für dein Kind sein in Interaktion mit dir und dem Umfeld zu treten.

Bildquelle: iStock.com/FatCamera

Was ist Unterstützte Kommunikation (UK)?  

Der internationale Begriff der AAC (Augmentative and Alternative Communication) wurde mit dem deutschen Begriff der Unterstützen Kommunikation (UK) übersetzt. Darunter werden alle Maßnahmen zusammengefasst, die die Kommunikation einer Person fördern. Dafür werden die lautsprachlichen Fähigkeiten - falls vorhanden - genutzt und durch weitere Hilfen, Strategien oder Techniken erweitert.  

Ist UK für mein Kind geeignet?  

UK ist für viele Kinder/Personen mit den unterschiedlichsten Voraussetzungen anwendbar.
Hierbei sind folgende zu unterscheiden:

  1. Menschen, die Lautsprache gut verstehen können, aber  z. B. sprechmotorisch eingeschränkt sind.
    Zu dieser Gruppe gehören z. B. Kinder, die durch eine motorische Beeinträchtigung keine Lautsprache verwenden können, aber über ein gutes Sprachverständnis verfügen (z. B. Kinder mit schwerer Dysarthrie oder Anarthrie).
     
  2. Menschen, die Unterstützung beim erstmaligen Spracherwerb benötigen oder die verloren gegangene Sprache mit Hilfe von UK wieder erlernen möchten.
     
  3. Menschen, deren lautsprachliche Fähigkeiten nur dann verständlich sind, wenn sie bei Bedarf über ein zusätzliches Hilfsmittel verfügen.
    Die Kommunikation über Lautsprache ist zwar eingeschränkt möglich, es kommt jedoch in manchen Situationen zu Verständigungsproblemen. Probleme können zum Beispiel im Gespräch mit fremden Menschen auftreten, wenn diese die Aussprache nicht richtig verstehen. UK kann hier helfen, Verständigungsprobleme in bestimmten Situationen zu vermeiden.
     
  4. Menschen, für die Lautsprache insgesamt sehr schwierig ist und daher eine geeignete Alternative benötigen.
    Neben dem Sprechen ist auch das Sprachverständnis beeinträchtigt. Dies kann zum Beispiel bei Kindern mit Mehrfachbehinderung oder bei Kindern mit Autismus-Spektrum-Störung der Fall sein, wenn die Körperbehinderung von einer geistigen Behinderung begleitet wird. Die Unterstützte Kommunikation stellt in diesem Fall eine Ersatzsprache dar. Es ist hilfreich, dein Kind (und dich) möglichst frühzeitig an die UK heranzuführen.

Auf unserem YouTube-Kanal findest Du auch ein Interview zum Thema UK. In diesem sprechen wir mit einer Mutter eines Kindes mit Behinderung, die über die Anfänge der UK in ihrer Familie, welche Hilfsmittel es gibt und wie UK geholfen hat den Alltag zu strukturieren, berichtet.  

Welche Formen von UK gibt es?  

Zunächst kann man zwischen körpereigenen und externen Kommunikationshilfen (elektronisch oder nicht-elektronisch) unterscheiden. 

Körpereigene Kommunikationsformen  

Hierzu zählen Laute oder Geräusche, die ein Mensch von sich gibt, aber auch Mimik, Gestik, Blickkontakt oder das Deuten auf einen bestimmten Gegenstand. Für viele Menschen mit schwerer Behinderung, die über keine Lautsprache verfügen, sind diese angeborenen Fähigkeiten oft die einzige Art zu kommunizieren. 

Für das Umfeld bedeutet dies zu versuchen, die Gestik und Mimik der Person richtig zu interpretieren und zu verstehen. Hier werden Grenzen jedoch sehr schnell sichtbar: Woher kann man wissen, warum jemand ein trauriges Gesicht macht? Warum fängt ein Mensch plötzlich an zu lachen, was hat ihn dazu bewegt? Wo möchte der Mensch, der seinen Finger in eine bestimmte Richtung hält, genau hin zeigen? All die tieferliegenden Ursachen von Emotionen oder konkreten Details von Wünschen und Bedürfnissen bleiben bei den ausschließlich körpereigenen Kommunikationsmöglichkeiten oft unergründet.

Neben diesen angeborenen Fähigkeiten der Kommunikation gibt es auch noch verschiedene Arten von Gebärden, die erlernt werden können. Neben der offiziellen deutschen Gebärdensprache (DGS), die gehörlose Menschen in Deutschland erlernen, gibt es viele Abwandlungen von Gebärden, die für Menschen mit geistiger Behinderung geeignet sind. Hierzu gehören zum Beispiel GuK (gebärdenunterstützende Kommunikation) oder „Schau doch meine Hände an“. Hier werden die Gebärden nur lautsprachunterstützend verwendet und stellen keine eigene Sprache dar. Ausführliche Informationen erhältst Du dazu in unserem Fachbeitrag zum Thema “Unterstützte Kommunikation - mithilfe von Gebärden”.

Nicht-elektronische Kommunikationsmittel  

Oft werden in der UK statt Wörtern verschiedene Bildsymbole genutzt. Bekannte Bildsymbolsysteme sind z. B. PCS (sog. Boardmarker Symbole), Symbolstix oder Metacom.

Um diese sinnvoll zu verwenden, eignet sich zum Beispiel der sogenannte Kölner Kommunikationsordner. Am Rand befindet sich das sogenannte Kernvokabular, also die Wörter, die das Kind am häufigsten benutzt. In der Mitte befinden sich verschiedene Seiten mit Wörtern, die oft eher situationsspezifisch sind und somit häufiger gewechselt werden müssen/können. Durch Zeigen auf die entsprechenden Bildsymbole kann das Kind Stück für Stück lernen, damit zu kommunizieren.

Eine weitere Möglichkeit, um mit diesen Symbolen eine sinnvolle Kommunikationsförderung durchzuführen, ist das sogenannte PECS-Verfahren (picture-exchange-communication-system). Ziel von PECS ist es, den Kindern und Jugendlichen die Absicht von Kommunikation begreifbar zu machen. Sie sollen also lernen, dass sie selbst aktiv sein müssen und etwas mit Kommunikation erreichen können.  

Elektronische Kommunikationsmittel  

Für das iPad gibt es zum Beispiel die App MetaTalkDE, mit der Kinder und Erwachsene dann mithilfe von verschiedenen Symbolen kommunizieren können. Wie das in der Praxis aussieht, kannst Du in diesem Video von METACOMsymbole auf ihrer Seite sehen. Auch andere Apps wie EiS eignen sich hierfür und verwenden die METACOM-Symbole. 

Daneben gibt es außerdem viele speziell entwickelte Geräte, die für UK geeignet sind. Unterschieden werden die Geräte meist in einfache, dynamische und schriftsprachliche Systeme. Bei den einfachen Geräten, wie zum Beispiel den BigMack gibt es nur einen Button, auf den etwas aufgesprochen werden kann. 
Mit dynamischen Systemen, wie z. B. dem GoTalk, MyCORE oder VOICEpad SC, ist es möglich auf ein großes Repertoire an Vokabeln zurückzugreifen und dadurch komplexere Sätze zu bilden. Die schriftsprachbasierten Geräte, wie z. B. Allora , Letterpad oder Lightwriter sind für Menschen mit guten motorischen und visuellen Fähigkeiten geeignet. Dahingegen gibt auch Geräte wie den Tobii oder Tellus, die über Augensteuerung zu bedienen sind und sich somit für Menschen eignen, deren Fein- und Grobmotorik eingeschränkt/gänzlich eingeschränkt ist. 

Der Anybook-Reader ist eine Möglichkeit für Kinder, zum Beispiel ein Bilderbuch oder eine Anleitung anzuhören. Es ist möglich verschiedene Sticker zu besprechen, die dann überall platziert werden können. Um diese abzuhören, muss das Kind den Stift auf den Sticker halten und hört sofort, was darauf auf gesprochen wurde.  

Auf der Seite uk-app-blog.blogspot.com findest Du eine Auflistung vieler Apps zum Thema Unterstützte Kommunikation. Oft hilft auch der Austausch mit Eltern über ihre Erfahrungen. Schau doch mal in der Community vorbei.

Wo informiere ich mich über eine UK-Förderung?  

Es gibt viele verschiedene Institutionen und Orte, die Beratung und Förderung von UK anbieten. Eine Übersicht über die verschiedenen Stellen in Deutschland findest Du auf der Seite der Gesellschaft für unterstützte Kommunikation e. V..   

Wenn es konkret um die Versorgung mit einem passenden Hilfsmittel bzw. Gerät geht, empfiehlt sich zum Beispiel eine Kontaktaufnahme mit ELECOK (Beratungsstelle zu Kommunikationsmitteln) oder REHAVISTA auf ihren jeweiligen Seiten. Die Personen, die dort arbeiten, kennen sich sehr gut mit den unterschiedlichen Vor- und Nachteilen der Geräte aus und finden mit dir und deinem Kind zusammen das passende Gerät. Eine Hilfsmittelversorgung läuft meist in verschiedenen Schritten ab:  

  1. Bedürfnisse klären
    Welche Fähigkeiten und Ressourcen hat das Kind? Wie ist das Umfeld? Welche Anforderungen soll das Gerät erfüllen? Was soll das Ziel der UK-Förderung sein?
     
  2. Persönliche Beratung  
    Du bekommst eine ausführliche Beratung zu den verschiedenen Geräten von erfahrenen Beratern des Teams. Außerdem findet ein Hausbesuch statt, um die Fähigkeiten und Wünsche des Kindes einschätzen und berücksichtigen zu können.
     
  3. Beantragung der Kostenübernahme
    Das Team beantragt bei deiner Einwilligung die Kostenübernahme selbst.
     
  4. Persönliche Einweisung  
    Das Gerät wird geliefert, Du und dein Kind erhalten eine ausführliche Einweisung. Gegebenenfalls gibt es auch weitere Schulungen für dich als Erziehungsberechtigter.
     
  5. Evaluation und Überwachung  
    UK-Förderung ist nie abgeschlossen und sollte stetig überprüft, verbessert und erweitert werden.

Auf was muss ich persönlich bei einer UK-Förderung achten?  

Denke daran, dass Du in allem was Du tust ein Vorbild für dein Kind bist. Kinder ohne Behinderung wachsen in einem Umfeld auf, in dem oftmals alle die gleiche Sprache sprechen, Dinge benennen und Kontakt miteinander aufnehmen. Sie haben Vorbilder, die ihnen zeigen, wie man Kommunikation sinnvoll einsetzen kann. 

Diese Vorbilder fehlen Kindern mit Behinderung meist, die Probleme mit der verbalen Lautsprache haben. Deshalb ist sehr wichtig, dass Du dich auf die Sprache deines Kindes einlässt, das UK-System mitbenutzt und deinem Kind auch in dieser alternativen Sprache in allen Lebensbereichen ein kompetentes Vorbild für die Sprachentwicklung bist. Dieses Prinzip nennt man auch Modelling. Um zu lernen wie dieses Modelling im Alltag umzusetzen ist, ist folgendes Buch sehr zu empfehlen: „Modelling in der Unterstützten Kommunikation“ von Claudio Castaneda, Nina Fröhlich und Monika Waigand. Ein weiterer Buchtipp ist „Unterstützte Kommunikation bei Kindern und Erwachsenen. Praxiswissen Logopädie“ von Lüke und Vock (2019).

Weiterführende Informationen
Quellenverzeichnis
Bildquellen
  • https://www.istockphoto.com/de/foto/spielen-sie-ein-spiel-auf-einem-digitaltablett-gm636027542-112593293