Archiv Sammlung zum Thema Hilfen für schwer geistig Behinderte

***Wenn wir tatsächlich nichts oder fast nichts an Hilfe zu bieten haben, dann sollte das nicht mit humanitären Floskeln verbrämt werden.***Eduard Züghart

Im Laufe meiner Arbeit und mein Einbringen in die Selbsthilfe, habe ich auch jede Menge an Erfahrung sammeln können. Dabei nicht nur die Entwicklung insgesamt verfolgen können, sondern mich auch selbst für Verbesserungen, die direkt bei den Betroffenen landen, stetig mit ganzer Kraft eingesetzt.
Durch das Studium meines Sohnes bin ich auch an viele Informationen bzgl. der Entwicklung in der Behindertenhilfe aus der pädagogischen Sicht und natürlich auch aus Sicht der Behindertenhilfe im Umgang mit den einzelnen Betroffenengrupper gekommen. Manchmal war ich erstaunt, manchmal war ich entsetzt. Ein Buch hat seinen Platz in meinem Regal ganz sicher. Es ist der Band 3 der Schriftenreihe Lebenshilfe Marburg/Lahn 1978 (!) Hier ist es die Lebenshilfe, die sich mit Fragen aus der Elternschaft auseinandergesetzt hatte.

Der Titel: Hilfen für schwer geistig Behinderte - Eingliederung statt Isolation

Der Inhalt ist der Bericht der 9. Studientagung der Bundesvereinigung Lebenshilfe für geistig Behinderte e.V. (Stand 1978!)

Das Einführungsreferat von Herrn Eduard Züghart, Elternrat der Bundesvereinigung Lebenshilfe, hat es in sich und benennt viele Gedanken und Probleme, die auch heute immer noch im Raum stehen. Was hat sich nach dieser Studientagung von 1978 bis heute im Jahr 2022 eigentlich im Sinne der Menschen mit schwerer geistiger Behinderung verändert?
Finden wir sie überhaupt noch in der Lebenshilfe wenn sie das Erwachsenenalter erreicht haben?
Finden wir diese Menschen in der Inklusion wieder?
Finden wir sie nur im stationärem Wohnen, oder können sie frei über ihr Leben entscheiden?
Finden wir immer noch Eltern, die sich für ihre Kinder einbringen, oder hat das System bereits die Vorgaben über Sein und Nichtsein übernommen?
Hat diese Betroffenengruppe überhaupt eine Entscheidungsfreiheit und gehört sie überhaupt, und auch ganz speziell und generell im Rahmen der Teilhabe und den vielen Möglichkeiten heute dazu?

Ich schaue auf meinen Sohn, 31, schwerst mehrfach behindert und gebe mir selbst eine Antwort vorweg: „Nein!“
Herr Züghart hat im Buch die Thesen zum Referat von 1978 zusammengefasst:

Zur Problematik der schweren geistigen Behinderungen aus Sicht der Eltern
Der Bereich um den es geht, ist nun deutlich geworden. Und wir sind in der Diskussion. Aber es gibt offene Fragen, auch grundsätzliche.

Schwerst geistig Behinderte und deren Familien sin i besonderem Maße sozial betroffen.
Ihnen droht Isolation.
Hilfe und Entlastung sind notwendig. Aber wie?
Teilzeitlösungen sind eine Möglichkeit.
Wieweit sind sie möglich, und wieweit sind sie sinnvoll? Und wo?
Was kann man mit Teilzeitlösungen erreichen? Wie kann man das?
Die andere Möglichkeit sind Vollzeitlösungen. Sie sind, im ganzen, das zur Zeit vorhandene Potenzial. Sind sie nur deshalb unentbehrlich?
Was heißt „Vollzeitlösung“: Imternierung, irgendwo? Oder alternative Konzeption?
Welche Tendenzen gibt es in den Einrichtungen? Und wie ist ihre Lage?
Wir brauchen Teilzeitlösungen und Vollzeitlösungen, als zwei sich ergänzende Angebote in der gleichen Sache, innerhalb einer Region. Wie sind sie aufeinander zu beziehen?
Nötig ist die richtige Analyse der Situation, bei realistischer Einschätzung der Familie. Und dann eine vernünftige Gesamtkonzeption, die von allen Beteiligten gemeinsam vertreten werden kann. Die Lebenshilfe muss überlegen, was ihr Teil ist.
Konzeption - das ist Zielvorstellung. Sie kann andere Strukturen haben als die Verhältnisse heute (Stand 1978!)
Aber wir werden alle Schritte von den gegebenen Realitäten her machen müssen.
Die Betroffenen brauchen eine Konzeption, auf die hin jetzt etwas getan werden kann.
Quellenangabe: Hilfen für schwer geistig Behinderte Eingliederung statt Isolation
Thesenzusammenfassung:
Eduard Züghart
Elternrat der Bundesvereinigung Lebenshilfe
Bremen (1978)

Was ist der Bundeselternrat der Lebenshilfe eigentlich?

Hier findet man einen Beitrag zum 40 jährigen Bestehen aus dem Jahre 2007 von Monika Geis, der damaligen Vorsitzenden des Rates.

Bundeselternrat ist heute übrigens von der Entwicklung eingeholt. Auch die Angehörigen gehören mittlerweile dazu. So nennt er sich jetzt Rat der Eltern und Angehörigen.