Behandlung mit Botulinumtoxin

Medizinische Versorgung

Behandlung mit Botulinumtoxin

Stand: 02.08.2024

Der Begriff Botulinumtoxin klingt erst einmal etwas abschreckend. Dabei verbirgt sich dahinter ein Mittel, das hilfreich sein kann, wenn dein Kind von einer Spastik betroffen ist. Manchmal gibt es neben den klassischen Behandlungsmethoden noch weitere wirksame Behandlungsmöglichkeiten. Im Folgenden wollen wir dich deshalb über die Möglichkeit einer Behandlung mit Botulinumtoxin informieren.

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Was ist Botulinumtoxin?

Botulinumtoxin, auch kurz Botox genannt, ist ein Neurotoxin (= Nervengift) und wird von dem Bakterium Clostridium botulinum gebildet. Sehr stark verdünnt kann dieses Gift medizinisch wirkungsvoll eingesetzt werden.

Botulinumtoxin kann eine gute Behandlungsmöglichkeit darstellen, wenn dein Kind von einer Spastik betroffen ist.

Der Begriff Spastik stammt von dem griechischen Wort Spasmus ab und bedeutet so viel wie “Krampf”. Unter einer Spastik versteht man also eine Verkrampfung der Muskulatur. Der Muskeltonus ist pathologisch erhöht und führt zu einer Verkürzung der Muskelstränge in der betroffenen Extremität (Arme und Beine). Die Folgen sind unter anderem Schmerzen, Unbeweglichkeit und Fehlstellungen der Gelenke.  

Häufige Erkrankungen, die mit einer Spastik einhergehen sind beispielsweise:

  • Multiple Sklerose,
     
  • Schlaganfall,
     
  • Schädel-Hirntraumen,
     
  • Rückenmarksverletzungen
     
  • und Hirnschädigungen durch Sauerstoffmangel.

Wie wirkt Botulinumtoxin?

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Botulinumtoxin wird direkt in den betroffenen Muskel eingespritzt. Das Neurotoxin bewirkt eine Blockierung der Übertragung von Signalen zwischen dem Nerv und seinem Zielmuskel. Dadurch kommt es zu einer Schwächung des Muskels und die übermäßige Versteifung des spastischen Muskels nimmt ab. 

Die Wirkung tritt nach rund 3 bis 4 Tagen ein, die Wirkdauer ist individuell unterschiedlich und beträgt zwischen 3 bis 4 Monaten. Botulinumtoxin wird im Laufe der Zeit vom Körper abgebaut, die Wirkung ist also rückläufig und eine erneute Spritze ist notwendig. 

Eine bessere Verteilung des Medikaments kann durch eine gleichzeitige Elektrostimulation des Muskels erreicht werden. In seltenen Fällen bilden Patienten Antikörper gegen Botulinumtoxin aus oder es kommt zu einer vorübergehend anhaltenden Schwächung des Muskels.    

Wem kann die Behandlung helfen?

Die Behandlung mit Botulinumtoxin ist dann sinnvoll, wenn die Spastik einzelne Muskeln betrifft.

Beispielsweise, wenn ein spastischer Spitzfuss, ein Adduktorenspasmus (Spastik in den Oberschenkeln), ein ständiger Faustschluss oder eine Spastik der Oberarme oder der Waden vorliegt.  
Botulinumtoxin kann wegen eventueller Nebenwirkungen nur in eine begrenzte Anzahl von Muskeln injiziert werden; bei einer generalisierten Spastik (= Spastik, die den ganzen Körper betrifft) kann das Medikament nicht zielgerichtet eingesetzt werden, da die notwendige Dosis zu hoch wäre und man mit ernsten Nebenwirkungen rechnen müsste.
Wenn bei deinem Kind nur einzelne Muskeln von der Spastik betroffen sind, kann die Behandlung mit Botulinumtoxin helfen.

Wann ist die Behandlung nicht geeignet?

Botulinumtoxin ist unter anderem nicht geeignet, wenn eine angeborene oder erworbene Gerinnungsstörung vorliegt oder wenn gerinnungshemmende Medikamente eingenommen werden.

Allgemein kann Botulinumtoxin auch nicht eingesetzt werden, wenn bei deinem Kind eine schwere Muskelschwäche oder andere muskuläre Erkrankungen vorliegen, oder es Aminoglykosidantibiotika einnimmt.  

Ziel der Behandlung

Durch die Behandlung mit Botulinumtoxin soll erreicht werden:

  • die Schmerzlinderung,
     
  • die Erleichterung der Pflege,
     
  • die Prophylaxe von Hautinfektionen (beim ständigen Faustschluss kommt es häufig zu Pilzinfektionen)
     
  • die Prophylaxe von Fehlstellungen und Kontrakturen (Verkürzungen von Muskeln und Sehnen) und eine
     
  • Verbesserung der Bewegungsfähigkeit.


Die Anwendung von Botulinumtoxin bewirkt bei allen genannten Erscheinungsformen eine Abnahme des Muskeltonus, eine Verbesserung des aktiven und passiven Bewegungsumfangs und eine Schmerzlinderung.  

Weitere Behandlungsmöglichkeiten

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Die Behandlung mit Botulinumtoxin sollte immer in Kombination mit anderen therapeutischen Maßnahmen erfolgen.

Durch Krankengymnastik  – in Verbindung mit Botox-Injektionen – können spastische Muskeln gedehnt werden und der betroffene Muskel hat die Möglichkeit zu wachsen. Durch die Zunahme der Länge des Muskels kann man oftmals Kontrakturen (Verkürzungen) vermeiden und muskel- oder sehnenverlängernde Operationen hinauszögern oder sogar ganz vermeiden.

Wichtig: Durch die Anwendung des Botulinumtoxins ist eine wesentliche Verbesserung der Spastik möglich, aber keine Heilung!
 

Neben der Behandlung mit Botulinumtoxin gibt es noch die Möglichkeit der oralen medikamentösen Behandlung oder die Implantation einer Baclofenpumpe. Eine Baclofenpumpe ist ein medizinisches Implantat, das verwendet wird, um Spastizität bei Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie beispielsweise Multipler Sklerose, Zerebralparese oder Rückenmarksverletzungen zu behandeln. Die Pumpe gibt kontinuierlich das Medikament Baclofen (ein Muskelrelaxan) ab, das die Muskeln entspannt und die Spastizität reduziert. Das Einsetzen einer Baclofen-Pumpe ist nur zur Therapie einer sehr schweren generalisierten Spastik geeignet. Nur wenn die orale medikamentöse Behandlung und der Einsatz von Botulinumtoxin nicht die gewünschte Wirkung zeigen, sollte eine Baclofen-Pumpe zum Einsatz kommen.

Weiterführende Informationen
Quellenverzeichnis
Bildquellen