Wir reden von Menschen mit Behinderung im Krankenhaus und ihre benötigte Assistenz. Wir möchten unsere zu Betreuenden einfach in guten Händen wissen, wenn sie krank sind, Hilfe benötigen und wir nicht mehr sofort zur Seite stehen können. Was man aber in meinen Augen und als betroffene Mutter immer vergisst, ist die Grundvoraussetzung für eine Behandlung. Nämlich erst einmal überhaupt die medizinische Kompetenz, z.B. nicht sprechende Menschen mit komplexen Behinderungsbild und / oder einer geistigen Behinderung behandeln zu können. Einen Menschen mit komplexen Behinderungsbild zu behandeln, dazu gehört eine gute und fundierte Ausbildung in diesem Bereich. Wie merke ich, ob ein Mensch Bauchschmerzen hat, wenn er sowieso ein völlig anderes Schmerzempfinden hat? Wenn er sich auf einmal anfassen lässt, was sonst nicht möglich war, was steckt da dahinter. Auch Menschen mit Behinderung können wie alle Menschen erkranken und es ist eben nicht allein die Behinderung und gehört halt dazu! Wer hat es denn nicht auch schon erlebt, dass man frustriert vor einem Arzt steht, mitleidig angeschaut wird und letztendlich erst gar kein Versuch für eine Diagnose Findung gestartet wird. Kann man es den Ärzten verdenken? Man könnte nachfragen, inwieweit es im Studium Thema war, aber dafür findet sich ja gar keine Zeit. Wohl gibt es Fachärzte, die sich genau auf dieses Klientel ausrichten, aber sie sind rar und völlig ausgebucht. Wenn wir noch nicht einmal zeitnah Facharzttermine mehr buchen können, wie soll es denn dann mit unseren Anvertrauten möglich sein?
Da gibt es aber in Freiburg an der Medizinischen Fakultät das klinische Wahlpflichtfach „Medizin für Menschen mit geistiger Behinderung“. Diese Wahlpflichtfach wird seit 2005 an der Medizinischen Fakultät angeboten und seit dieser Zeit lehrt dort auch Prof. Dr. Peter Martin, Chefarzt der Sèguin-Klinik des Epilepsiezentrums in Kork. Wurde das Wahlpflichtfach am Anfang allein als Seminar oder Vorlesung angeboten, können sich heute die Studierenden einen praktischen Eindruck, direkt in der Sèguin Klinik erwerben. Sie lernen dabei die Patienten kenn, können sich an Untersuchungen beteiligen und mit Angehörigen in Kontakt kommen. Alle Dinge die einfach dazugehören, will man einen Menschen verstehen, der sich nicht selbst äußern kann und der auch nicht versteht, was überhaupt mit ihm los ist. Die Sèguin Klinik ist ganz speziell auf die Behandlung von Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung spezialisiert. Schmerzerkennung und Schmerzbehandlung, Epilepsien behandeln und spezielle genetische Syndrome sind dabei die Schwerpunkte. Im Sommersemester 2024 waren es insgesamt 8 Studierende der Medizinischen Fakultät Freiburg, die in Kork einen Tag lang hospitierten. Diese Erfahrungen in dem Wahlfach und der begleitenden Hospitation sind immens wichtig. Es geht nicht nur um die qualifizierte und angepasste medizinische Betreuung, sondern letztendlich ja auch um das Einsetzen für die Patienten um ihnen eine angepasste Diagnostik zukommen zu lassen und um Ihnen damit auch eine Lebensqualität zu sichern.
Quellenangabe Diakonie Kork - Kork aktuell Ausgabe 3/2024