Erforderliche Begleitung im Urlaub als Leistung der Eingliederungshilfe

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seinem Urteil vom 19.05.2022 (AZ B 8 SO 13/20 R) entschieden, dass im Rahmen der Eingliederungshilfe ein Anspruch auf Erstattung von Reisekosten einer Begleitperson für eine Urlaubsreise bestehen kann, wenn diese behinderungsbedingt notwendig sind.
In dem entschiedenen Fall ging es um einen auf den Rollstuhl angewiesenen Man, der eine einwöchige Kreuzfahrt in Begleitung eines Assistenten durchführte und die Reisekosten dieser Begleitperson in Höhe von 2050,50€ als Eingliederungshilfe beantragt hatte.
Der Antrag war abgelehnt worden, Sozialgericht und Landessozialgericht wiesen die Klage ab. Sie führten im Einklang mit der bisherigen Auffassung und Rechtsprechung an, dass die Kreuzfahrt nicht den Zielen der Eingliederungshilfe diene, sondern wie bei nicht behinderten Menschen auch zur Erholung und dem Erlebnis. Außerdem sei die Reise nicht erforderlich, weil sich Kontakte zu nicht behinderten Menschen allenfalls als Nebeneffekt ergeben. Der Kläger sei bereits hinreichend eingegliedert, er lebe in eigenen Wohnung, werde durch Assistenzkräfte betreut, sei Mitglied in verschiedenen Vereinen und Verbänden und Vereinigungen und nehme in Ausübung eines Ehrenamtes regelmäßig an mehrtägigen Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet teil.
Das BSG dagegen stellte darauf ab, dass die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auch Bedürfnisse nach Freizeit und Freizeitgestaltung umfasse. Das Urteil erging noch zum alten Recht nach §§53ff SGB XII, ist aber inhaltlich auf das neue Recht nach §§78ff SGB IX übertragbar.
Die einwöchige Kreuzfahrt sei nicht unangemessen, denn sie bewege sich mit Bezug auf Dauer und Kosten (für den Kläger selbst) im Rahmen der üblichen Ausgaben der Vergleichsgruppe der nicht sozialhilfeberechtigten Bürger für Urlaubsreisen. Dass der Kläger auf eine Begleitperson angewiesen war, stand außer Zweifel.
Der BSG stellte dabei klar, dass es nur um die im Einzelfall behinderungsbedingt notwendigen Mehrkosten für eine Begleitperson gehe, nicht aber um das allgemeine Bedürfnis nach Urlaub und selbst bestimmter Freizeitgestaltung, das bei behinderten und nicht behinderten Menschen gleichermaßen bestehe. Die Übernahme eigener Kosten einer Urlaubsreise als Teilhabeleistung scheidet damit vom Grundsatz aus. Entscheidend seien die besonderen Kosten zur Durchführung der Freizeitgestaltung aufgrund der Behinderung. Diese erforderlichen Mehraufwendungen seinen vom Anspruch auf Eingliederungshilfe umfasst. Sie bestimmen sich nach der Differenz der Kosten der selbstgewählten Freizeitgestaltung des behinderten Menschen zu den Kosten eines nicht behinderten Menschen bei dieser Freizeitaktivität.

Quellenangabe LH BY