Hospitalismus - Corona und die soziale Bindungsforschung

Zur momentanen Lage in den Wohnheimen können eigentlich die Bewohner mit komplexer Behinderung kaum etwas selbst aussagen. Zumindest werden sie Probleme haben, sich Gehör zu verschaffen. Wir Eltern, Angehörige und Betreuer dürfen teilweise immer noch nicht wieder in die Einrichtungen gehen. Unsere teilweise nicht sprechenden Kinder können uns nicht viel erzählen. Wir können nur vermuten, fühlen, oder auf veränderte Verhaltensweisen achten und versuchen darauf einzugehen.
Da fällt mir Barbara Fornefeld und der Begriff Hospitalismus ein. Ein Wort, welches eigentlich aus unserem Gesellschaftsbild, wenn wir von Menschen mit Behinderung sprechen, verschwunden sein könnte. Bilden doch die vielen neuen Gesetze im Sinne von Teilhabe und Recht, UN-Behindertenrechtskonvention und viele weitere gute Begriffe, die Grundlage für ein erfülltes Leben auch mit einer komplexen Behinderung.
Befinden wir uns momentan nicht in einer Situation, die schwerwiegende Folgen für die Menschen mit komplexer Behinderung im Nachgang entwickeln könnte? Man könnte in hier auch statt Hospitalismus von Deprivationsstörung schreiben. (Deprivation = Reizentzug, Isolation)
Hier explizit von sensorischer Deprivation. Bewohner mit komplexer Behinderung verbringen ihr Leben teilweise in den zentrierten stationären Wohnangeboten. Blinde unter Nichtsprechenden fehlt der kommunikative Anreiz. Optische Angebote gehen ebenfalls an ihnen vorbei. Für alle fehlt eine Struktur und die teilweise vertrauten Personen aus den Förderstätten und Werkstätten.
Das Thema Lebensqualität wird nicht nur durch das Wohnen, Essen und die Pflege ausgefüllt. Es geht auch um das soziale Umfeld und die stetige Weiterentwicklung. Entziehen unsere, zum Schutz der Bewohner, angeordneten und fremdbestimmten Regeln, nicht unendlich viel Lebensqualität und um noch einen draufzusetzen, können sich solche, noch nicht absehbaren Zustände, letztendlich auch auf eine verkürzte Lebenserwartung auswirken? Es ist eine gewaltige Gratwanderung und Pädagogen müssen eigentlich starkes Bauchweh haben.

Wie denkt ihr darüber?

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Kirsten, danke für den Beitrag! Ich bin mit dir völlig einverstanden =)
Ehrlich gesagt, das Forum hat mich sehr überrascht (positiv).

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