Aufgrund der Situation auf dem Arbeitsmarkt, der hohen Anforderung durch vermehrten Krankheitsständen, fehlendem Nachwuchs und seit Jahren nicht angepaßten Personalschlüsseln, mehren sich die Hiobsbotschaften in den Tageszeitungen und generell in der Behindertenhilfe. Noch scheinen nicht alle Verantwortlichen die prikäre Lage wirklich zu akzeptieren. Am 18.10.22 berichte BR24 online von einer Lebenshilfe im oberfränkischen Arzberg in Not (kann man auch bei uns auf dem Blog lesen). Nachdem eine dringend benötigte Wohneinrichtung für Menschen mit einer geistigen Behinderung und Verhaltensauffälligkeiten kurz vor der Fertigstellung steht, findet sich nun kein Personal. Eine Frage stellt sich vorrangig, nämlich der Grund dafür. Hört man sich in der Szene um, liegt es nicht nur daran, dass der Fachkräftemarkt leergefegt ist, sondern auch an den durchs virtuelle Netz sausenden Arbeitsbedingungen. Dazu kommen die Multiplikatoren Stimmen, die oft unwissend Schlagzeilen präsentieren, aber damit keinesfalls Hilfe einbringen. Gerade eine Lebenshilfe bietet gute Arbeitsbedingungen, wenn es seitens der Leistungsträger auch entsprechend unterstützt wird. Und da fängt nun mal die Misere an. Junge Menschen stehen nach langer Ausbildung dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Sie sind motiviert, haben Empathie und zeigen Einsatzbereitschaft. Dann fangen sie an zu arbeiten und alles ist anders. Wo Teilhabe angedacht und Praktiken umgesetzt werden möchten, findet am Ende nur noch ein Hetzen durch die Schicht, damit Bürokratie, Wäschepflege, Anleitung zur Pflege, Kochen, Putzen und ausgefallene Kollegen ersetzt und die Bewohner so gerade noch durch ein sauber und satt gebracht werden können. Von „sicher“ will man gar nicht mehr reden, aber die Angst, dass man auch da noch irgendetwas zu verantworten hat, was man am Ende gar nicht mehr verantworten kann, davon war im Vorfeld nie die Rede. Kann man es nicht nachvollziehen, dass viele Fachkräfte ihrer Arbeit und ihrem Auftrag nicht mehr gerecht werden können und auch wollen? Was kann man tun, um diese Situation zu ändern? Selbstbetroffene, Angehörige, die Behindertenhilfe und alle Menschen mit Empathie hätten da sicher einen Vorschlag, oder auch eine Idee. Aber sie scheinen einfach noch nicht laut genug aufzutreten. Schade. Mir scheint es auch bald zu spät dafür zu sein. Wir wissen noch nicht, wie die Einrichtungen der Behindertenhilfe über den Winter kommen. Corona könnte für viele Einrichtungen das Aus auf Zeit bedeuten.
Wie sind eure Erfahrungen? Es wäre hilfreich für uns, wenn ihr hier von euren Erfahrungen und auch von eurem Wissen über mögliche Schließungen, oder auch bereits erfolgten Schließungen schreiben würdet. Dazu zählen auch eure Erfahrungen mit Personalschlüssen, die nicht den Vorgaben entsprechen, nicht eingehalten werden können, oder auch dem Schlüssel nicht angepaßter Besetzung durch Fachkräfte. Gerne auch per PN direkt an mich. Ich würde eure Erfahrungen in meinem Arbeitsbereich auflisten und wenn von euch gewollt, auch anonym bei den entsprechenden Verantwortlichen mit einbringen. Wir müssen lauter und endlich gehört werden.
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