Mein Sohn, 6 Jahre alt mit Entwicklungsverzögerung

Hallo Zusammen,

Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Ich habe einen Sohn von 6 Jahren mit einer Entwicklungsverzögerung.

Ich versuche mal zu gliedern:

Geburt:
Hat über 2 Tage gedauert, es wurden Wehenförderer eingesetzt, nach abfallenden Herztönen wurden Wehenhemmer verabreicht und 2 mal über einen Kaiserschnitt nachgedacht.

Nach der Geburt:
PH-Wert: 7,23, APGAR war sehr gut.

Bis 2,5 Jahre:

Fantasiesprache vorhanden, jeden Monat mindestens eine Erkältung, einmal gegipfelt in einer Lungenentzündung. Ist oft unruhig, muss sich viel bewegen.

3 Jahre bis 4 Jahre:

Entwicklung der Sprache kommt zum Stillstand, Motorik entwickelt sich nicht. Weiterhin oft krank. Aufgrund Sprachbarriere kein Anschluss in der Kita obwohl er ein I-Kind ist.
Wir bringen ihn zur Frühförderstelle: ihm wird mit 4 attestiert auf dem Stand eines 2-Jährigen zu haben. Er kriegt ab 3,5 Jahre Logo und Ergo.

4 Jahre bis 5 Jahre
Weiterhin Probleme, allerdings ist eine Entwicklung zu sehen. Bei einer OP wegen Paukenergüssen werden Paukenröhrchen gesetzt, Polypen entfernt und zu große Mandeln Teilentfernt. Vor der OP konnte die Verstopfung der Ohren nicht festgestellt werden. Hörtests waren unauffällig, aber die operierende Ärztin ging davon aus, dass er unmöglich gut genug gehört hat.

5 Jahre bis 6 Jahre:
Unsicherheit wegen Schulfähigkeit. Wir wollten zunächst eine einjährige Rückstellung erwirken. Schultest sind einigermaßen gut gelaufen, er hat ao-sf bekommen, und wurde eingeschult. Insbesondere in den letzten 8 Monaten vor Einschulung riesige Sprünge gemacht.

Ab 6 Jahre
Eingeschult, er lernt auch auch, allerdings sind Sprache und vor allem Feinmotorik auffällig abweichend von der Norm. Wir sind trotzdem zufrieden, da wir die Entwicklung so nicht für möglich gehalten haben. IQ-Test im SPZ ergibt den Wert von 76, Psyschologe geht trotzdem von einer normalen Intelligenz aus und das sein wahrer IQ-Wert 10 bis 20 Punkte höher liegt.

Status quo:
Trotz der guten Entwicklung, noch immer Probleme beim Sprachverständnis und Konzentrationsschwierigkeiten. Er selbst merkt immer mehr, dass er Probleme bei der Aufgabenbewältigung hat, und dass er insbesondere im Vergleich zu den anderen Schülern bei Lösungsansetzen Probleme hat. Logo und Ergo wurden eingestellt, da sie mit den Fortschritten zufrieden waren. Ich bin ein ums andere Mal frustriert, weil ich merke, dass ich manchmal nicht zu ihm durchdringen kann.

Manchmal guckt er einfach weg wenn ich mit ihm rede und manchmal merke ich, dass er nicht versteht was ich sage.

Was ich mir vorwerfe:

Nach erstem abfallende Herztöne, habe ich nicht auf einen Kaiserschnitt bestanden.

Ich habe bisher außer Frühförderung und spz keinerlei Anstrengungen unternommen, nach Ursachen zu suchen, oder von einem Psychologen Hilfe anzunehmen. Ich werfe mir vor, bisher kein EEG oder MRT Aufnahme gemacht haben zu lassen.

Was mich so traurig macht und belastet:

Durch die enormen Fortschritte habe ich eine Zeit lang geglaubt, dass er ohne nennenswertes Handicap durchkommen wird. Im Moment versuche ich zu akzeptieren, dass er wahrscheinlich nachhaltig ein Päckchen tragen muss. Ich liebe meinen Sohn über alles und zuzusehen, wie er mit der Situation hadert und es ihn selber stört, macht mich fertig.

Ich bin seit knapp zwei Wochen deswegen total traurig und weiß im Moment nicht weiter. Ich mache sehr viel mit meinem Sohn und versuche ihm möglichst viel mitzugeben, bin allerdings sehr besorgt über seine Zukunft.

Manchmal ist alles gut und manchmal versteht er die einfachsten Sachen nicht, was mich sehr schockiert.

Heute hat er erzählt, das andere Kinder ihn auslachen, weil er viele Fehler macht. Ihn so zu sehen macht mich echt fertig.

Ich bin hilflos und habe das Gefühl nicht helfen zu können.

Es gibt viele Fragen, zu denen ich keine Antwort weiß.
Kann ich noch mehr machen? Muss ich ein MRT machen oder andere Untersuchungen um eine Ursache zu finden? Kein nach Findung der Ursache noch etwas gemacht werden?

Und vor allem wie sieht es in der Prognose aus? Wird er einen Abschluss schaffen, wird er lesen lernen, wird er alleine leben können?

Sehr viele Sorgen plagen mich und rauben mir den Schlaf. Ich hoffe, in diesem Forum ist erhalte ich viele Informationen und komme in den Austausch mit Eltern, denen es ähnlich geht.

Mit freundlich Grüßen
Seyin

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Hallo Seyin,

zunächst einmal herzlich willkommen hier in der Community. Schön, dass Du da bist!
Ich hoffe, dass sich bald auch andere Eltern bei dir melden und Du dich hier gut austauschen kannst.

Ich kann deine Gedanken gut nachvollziehen, Du scheinst dir große Sorgen zu machen.
Als Mama kann ich versuchen, dich ein wenig zu beruhigen - es hatte bestimmt einen Grund, weshalb Du dich gegen einen Kaiserschnitt entschieden hattest. Und wer weiß, was ein Kaiserschnitt für Konsequenzen nach sich gezogen hätte?
Ich bin keine Ärztin und möchte mich zu den medizinischen Angaben nicht äußern, aber so wie Du es schilderst, ist zumindest hör-technisch eine mögliche Ursache für die Verzögerung gefunden worden und dein Sohn hat seither große Sprünge gemacht. Solche Sprünge macht dein Sohn bestimmt noch öfter! Mach dir keine Vorwürfe, Du kümmerst dich bestimmt sehr gut um deinen Sohn.
Dass es dich traurig macht, wenn dein Sohn in der Einrichtung geärgert wird oder nicht mit kommt, kann ich verstehen. Solche Momente kommen mit Sicherheit immer wieder mal. Vielleicht ist es eine gute Möglichkeit, an einem guten Selbstvertrauen zu arbeiten und gezielt Stärken bewusst zu machen und ein positives Selbstbild aufzubauen.
So wie Du geschrieben hast, hat dein Sohn schon eine Menge geschafft und eine Entwicklung hingelegt, die ihr selbst gar nicht erwartet hättet. Das SPZ ist sicherlich eine sehr gute Anlaufstelle gewesen, wo es bestimmt zahlreiche weitere Möglichkeiten für eine Förderung gibt. Vielleicht einfach noch einmal nachfragen, möglicherweise gibt es noch eine Empfehlung für erneute Anamnese und Diagnostik und damit auch für eine psychologische, pädagogische oder (lern-)therapeutische Unterstützung.
Mit der Lehrkraft der Klasse zu sprechen, wäre eventuell auch noch eine gute Möglichkeit, um eine Einschätzung zu erhalten.

Bleibt gesund und zuversichtlich!! :slight_smile:

Ganz liebe Grüße,
Judith

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Hallo Seyin,

auch von mir ein herzliches Willkommen bei uns. Die Frage nach dem: was hätte/kann ich mehr tun, stellt sich vielen Müttern. Von wenig und einfach glauben, alles wäre schon normal, bis Helikopter Eltern, die alle Fördermaßnahmen haben möchten, ihr Kind lieber übertherapieren lassen, keinen Freiraum lassen und jeder Tag von morgens bis abends ausgefüllt wird. Jeder handelt nach seinem Gefühl und muss seinen eigenen Weg finden. Liebe, Fürsorge und Zeit, auch die Möglichkeiten für eine gute Entwicklung bieten, Aufmerksamkeit und Unterstützung sind eigentlich die Grundvoraussetzungen und die bietest du deinem Kind. Das kann man zwischen deinen Zeilen rauslesen.
Wenn du dir sicher sein möchtest, dann wende dich wieder an ein Sozialpädagogisches Zentrum und lasse den neuesten Entwicklungsstand überprüfen. Ein MRT und EEG wären sicherlich nicht verkehrt. Wohl bin ich auch kein Mediziner, aber eben auch eine Mutter eines Kindes mit Besonderheiten und mittlerweile Oma eines Jungen mit atypischen Autismus. Wenn dein Kind im Gespräch mit dir abwesend wirkt, kann das viele Gründe haben und vielleicht kann er wirklich nichts dazu, liegt es außerhalb seines eigenen Wirkens. Man muss natürlich sehr vorsichtig sein, wenn man sich viele Gedanken macht und manchmal auch etwas hineininterpretiert, wo vielleicht gar nichts ist. Alles eigentlich noch im Rahmen des normalen liegt. Das müssen eben gute Mediziner, Sozialpädagogen und Psychologen, sowie Physiotherapeuten gemeinsam erarbeiten und eine Diagnose stellen. Zum Beispiel im Kinderzentrum München geschieht das auf eindrucksvolle Art und Weise. Noch ist dein Kind klein und die Entwicklungsmöglichkeiten, oder Potentiale können ausgenutzt werden. Dazu gehören natürlich auch alle Sinne zusammen. Augen, Ohren, usw. Ob er einen Abschluss schaffen wird und wie er mal später leben kann, ist doch noch in weiter Zukunft. Jetzt ist eure Zeit, das Beste für euch beide herauszuholen. Am Anfang als ich mit der Blindheit meines Sohnes konfrontiert wurde, habe ich mir das Schlimmste für seine Zukunft vorgestellt. Vor allem was andere Kinder (Kinder können nun mal grausam sein - ein altbekannter Spruch) mit ihm machen könnten. Heute ist das das kleinste Problem für ihn und uns. Man wächst mit seinen Aufgaben. Was den Kaiserschnitt betrifft, ich hätte auch einen bekommen sollen, aber der Arzt hat sich dagegen entschieden. Auf die bereits eingetretene Behinderung in der Schwangerschaft hätte es keine Auswirkungen gehabt. Man wusste nicht, ob mein Sohn eine Geburt auf normalen Wege überleben würde. Aber auch nicht, ob er nach einem Kaiserschnitt noch lebt. Er hat aber alles gut überstanden. Mach dir darüber keine Gedanken mehr, man kann es sowieso nicht mehr ändern. Ein Kaiserschnitt ist auch in heutiger Zeit noch kein risikoloser Eingriff für Mutter und Kind. So oder so, es geht um das jetzt und einen guten Weg in die Zukunft.

Liebe Grüße
Kirsten

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Hallo Seyin,
von mir auch noch ein herzliches Willkommen.

Einiges von dem was du schreibst, erinnert mich an meinen Sohn Patrick (20), als er im selben Alter war.
Wenn du dir unsicher bist, würde ich raten noch mal einen ärztlichen Rat im SPZ einzuholen und auch das EEG und MRT machen zu lassen. Vielleicht geben diese Untersuchungen tatsächlich mehr Aufschluss über die Auffälligkeiten deines Sohnes und die Ursachen dafür.
Mit weiterer Diagnostik muss man sehen, ob sich was ergibt.
Als Mutter eines atypischen Autisten, sehe ich Parallelen, in deinen Beschreibungen, die auch Zufall sein können, aber vielleicht schon mal einen Suchansatz geben können.

Gerade beim atypischen Autismus ist die Diagnose nicht immer einfach, da braucht es erfahrene Ärzte und Psychiarter/Psychologen. Das habe ich auch selbst so erlebt: jahrelang wurden meine Fragen dazu abgewimmelt und erst als ich mich selbst dazu belesen hatte, und somit vorweisen konnte woran ich meine Vermutung fest mache, schloss man bei Patrick atypischen Autismus nicht mehr aus. Die Diagnostik erfolgte dann auch erst mit 14/15.

lg erstmal patiko

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Hallo Seyin,
mein Sohn ist 7 und in der 1. Klasse. Vieles, was du schreibst, kommt mir sehr bekannt vor: Logo, Ergo, Paukenröhrchen, Entwicklungsverzögerung… Wir wohnen in Hamburg und sind regelmäßig beim Werner-Otto-Institut. Die Ärztin dort hat meinen Sohn „durchleuchtet“ und uns irgendwann mit einem Verdacht zum Gentest geschickt. Dann wussten wir, dass er an einem sehr seltenen Gendefekt leidet. Das war ein Schock, aber irgendwie auch beruhigend, dass wir nach 6 Jahren endlich wussten, was los ist. Unser Kind geht in eine Schule, in der Inklusion gelebt wird. Das fanden wir wichtig, um ihm die bestmögliche Unterstützung und Therapieversorgung zu ermöglichen.
Vielleicht habt ihr in eurer Nähe ähnliche Möglichkeiten. Höre dich um und gib niemals auf, auch wenn es manchmal schwer ist. Ihr seid nicht allein.
Liebe Grüße!

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