Sparen zuerst bei Menschen mit schwerster Behinderung?

Wie denkt eigentlich die Politik über Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf?

Tipp von mir als Mutter eines erwachsenen Sohnes, der mit großem Willen von Geburt an sein Leben meistert und auch gerne lebt:

Er kann mit Appetit essen, wenn ihm dabei geholfen und auch ein ausreichender, zeitlicher Rahmen dafür zur Verfügung gestellt wird.

Er kann lauthals lachen, wenn lustige Geräusche ihn dazu verführen.

Er tastet und klopft sich durch die Welt. Ok, er hätte eigentlich sehen können, wenn seitens des Gesundheitswesens 1990 in der Vorsorge auch auf Toxoplasmose getestet worden wäre. Dem war leider nicht so. Man hat lieber gespart. Andere Länder waren uns da bereits voraus.

Mein Sohn schläft und träumt wie jeder ander Mensch auch. Wirklich!

Er ist traurig und möchte manchmal nicht in das Wohnheim zurück, da das wenige Personal kaum Zeit findet, den Anforderungen überhaupt nachkommen zu können. Es fehlt an Zeit und Händen.

Er ist glücklich, sehr glücklich, wenn er in seiner geliebten und unverzichtbaren Tagesförderstätte ankommt. Hier zeigt sich der Wert einer Eingliederungshilfe sehr deutlich und wie wichtig diese ist, um ein Menschenrecht auch umzusetzen.

Von Geburt an fährt er gerne Auto!

Er liebt es vor dem TV zu sitzen. Auch wenn er blind ist, schaut er gerne Tagesschau.

Er hört gerne Hörbücher und Klaviermusik.

Er trinkt gerne Kaffee und auch Kuchen schmeckt ihm.

Er fühlt Schmerzen und wenn ich ihm von den Greueltaten im Dritten Reich erzähle, dass man Betroffenen wie ihm bei vollem Bewusstsein im Gehirn herumschnitt und warum ich alles für ihn und seine Mitbetroffenen tue, damit es nie nie wieder passiert und er wie Gleichbetroffene zum Freiwild in der Politik wird, hört er nachdenklich zu.

Ja, er gehört zu den Schwächsten in Deutschland. Zu denen, wo man den wenigsten Widerstand erwartet! Welche Organisation geht für ihn vor Gericht und sorgt für adäquate Betreuung im Land? Dass er da wohnen und bleiben kann, wo er möchte. Wo es ihm gut geht und wo er keine Angst vor Leid und Unrecht haben muss?

Als ich ihn diese Woche mit der Aussage eines Bezirkstagspräsidenten aus einem Zeitungsinterview konfrontierte, dass man liebgewonnene Leistungen auf den Prüfstand stellen müßte, beispielsweise bei der Betreuung von schwerstbehinderten Menschen, da fing er an zu weinen und fragte mich mit stummen Blick: „Wo kann man denn noch sparen, wenn wir jetzt schon nicht mehr so versorgt werden können, wie es das Gesetz uns an Rechten auf dem Papier vorgibt, wo vieles seit Jahren gedeckelt und geduldet wird, weil wir uns erst gar nicht wehren können?
„Gespräche mit meinem Sohn auf Augenhöhe.“
Kirsten Simon vom Team intakt.Info

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