Und hier ein Beitrag von mir selbst. Eine Mitbewohnerin meines blinden, erwachsenen Kindes ist vor einiger Zeit gestorben. Sie hatte auf meinen Sohn aufgepasst. Er war ihr Partner, ihr Zögling, ihr ein und alles. Ihre letzte Worten vor dem Koma und Tod galten ihm. Es tut immer noch weh. Es tut so sehr weh.
Wenn erwachsene Kinder mit Behinderung sterben, deren Eltern ebenfalls schon längere Zeit tot sind, dann geht es einem genauso an Herz, als wenn es noch kleine Kinder gewesen wären. Nein ich weiß eigentlich gar nicht, wie ich es formulieren soll. Mein Herz ist so schwer und mir laufen seit Sonntag die Tränen immer wieder über das Gesicht. Ich kopiere euch einfach die Worte hier in das Forum, die mich nun beschäftigen, die aus meinem Inneren kommen, die ich mir für meinen nicht sprechenden Sohn erlaube zu formulieren. Es tut so unendlich weh, vielleicht auch, weil man das Leben und die Zukunft des eigenen Kindes vor Augen hat. Weil man weiß und spürt, dass die Politik und die Gesellschaft bei aller Kompetenz nicht in der Lage ist, menschliches Leben in seiner Vielfalt und Einzigartigkeit zu begreifen.
Dagmar
Sie liebte die Farben Rosa und Rot.
Gestern Nachmittag haben wir erfahren, dass eine Mitbewohnerin unseres Sohnes verstorben ist. Sie war eine Frau, die von Anfang an, an der Seite unseres Sohnes war, immer gesagt hat, dass sie den Stefan mag und er ihr Freund ist. Sie hat mit ihm an einem Zweiertisch gesessen und auf ihn aufgepasst. Sie sind zusammen in einer Tagesfördergruppe gewesen. Sie hatte immer ein Lächeln im Gesicht, auch wenn es ihr aus gesundheitlichen Gründen… immer schwerer viel. Sie war ein aufrichtiger Freund und hat offen herausgesagt wen sie mag und wen sie nicht mag. Das hat mich neben ihrem stets rot gefärbtem Haar und ihren Zöpfen, stark beeindruckt. Gerne hörte sie sich Komplimente an. Sie hatte vor kurzem noch ihren Geburtstag feiern dürfen und sich gefreut, dass Stefan dabei war.
Stefan saß nun schon 3 Wochen alleine am Tisch. Dagmar hatte ein großes Herz und mein Stefan war darin gut aufgehoben. Der Platz ihm gegenüber ist nun vakant, nie wieder wird mein blinder Junge die freundliche und liebevollen Worte von Dagmar hören: „Hallo Stefan“ und nie wieder werde ich „hallo Stefan Mama“ hören. Wir sind erschüttert und unendlich traurig, aber auch unendlich dankbar, dass sie da war und unseren Sohn durch die ersten 2 Jahre im Wohnheim begleitet hat.
Mit einem Satz von Dagmar im Ohr: " So ist das", verneigen und verabschieden wir uns von ihr. Liebe Dagmar, ich wünsche mir von Herzen, dass jemand auf deinem letzten Weg deine Hand gehalten hat. Mögest du in Frieden ruhen.
Wir werden Dagmar gemeinsam mit unserem Sohn auf ihrem letzten Weg begleiten und hoffen, dass unser Sohn über diesen Verlust hinweg kommt. Für Menschen wie ihn, sieht das System keine Gefühle vor, die man auch ohne Medikamente behandeln kann, in dem man den Menschen das zugesteht, was man der Gesellschaft zugesteht. "Menschlichkeit und Respekt