Florian Jaenicke ist Fotograf, Autor und außerdem Träger des Medienpreises BOBBY der Bundesvereinigung Lebenshilfe. Auch wenn ich mich schon mal frage, wieso gerade Eltern von Kindern mit schwerer Behinderung, die selbst durch journalistische Tätigkeiten in der Öffentlichkeit stehen, so viel mehr Aufmerksamtkeit zu teil wird, wenn sie von ihrem Leben mit einem behinderten Kind schreiben. Können sie sich besser darstellen? Wird bei ihnen mehr Anteil seitens der Öffentlichkeit genommen, oder glaubt man ihnen einfach mehr? Vielleicht fassen sie aber auch alles besser strukturiert in Zeilen rein, können es besser ausdrücken und damit einfach auch ein gewisses Interesse erreichen. Der Medienpreis BOBBY der Lebenshilfe wurde auch diese Jahr einer Familie verliehen, die bereits in der Öffentlichkeit steht und für ihr Engagement überregional so bekannt ist, dass am Tag vor der Verleihung des Bobbys sogar dem Vater der Deutsche Fernsehpreis verliehen wurde. Das betroffene Kind der Familie ist noch sehr jung. So jung, dass man es noch unter dem Arm mit in die Inklusion nehmen kann. Aber diese Familie erreicht öffentliches Interesse mit ihrem Einsatz und vor allem ihrem Mut, sich und ihren Alltag in der Öffentlichkeit darzustellen. Nebenbei bemerkt, der BOBBY wurde übrigens auch bereits an Herrn Eckardt von Hirschhausen verliehen. Ja, und dann bekam eben auch der Fotograf, Autor und Vater eines Sohnes mit hohem Hilfebedarf, Herr Jaenicke, bereits den BOBBY verliehen und in einem großen Bericht, immerhin eine ganze Seite in der Lebenshilfe Zeitung von 3/23, konnte man alles noch einmal nachlesen. Seine Geschichte nimmt einen mit in die eigene Welt. Und wie gut ist es, dass er es genau so umschreibt, wie wir in ähnlichen Situationen es im Alltag selbst erleben. Kleine Kinder mit Behinderung und wenn sie dann erwachsen werden. Wie in eine andere Welt scheinen wir manchmal mit dem erwachsen werden unserer Kinder einzutauchen. Sein Beitrag schafft Interesse in der Öffentlichkeit. Er beschreibt, wie teilweise zynisch unsere Kinder getestet werden um zu sehen, für was sie eigentlich geeignet, oder auch fähig sind. Wie man uns testet, ob wir denn auch nach dem 18. Geburtstag noch generell überhaupt für unser Kind für Betreuung und Vertretung in Rechtsgeschäften tätig sein können. Wie aus Eltern von einem Tag auf den anderen rechtliche Betreuer werden. Was 18 Jahre unsere uneingeschränkte Aufgabe war, unseren Kindern das Überleben sicherte, muss auf einmal auf Herz und Nieren geprüft werden. Und dann die vielen Anträge und alles was dieser 18. Geburtstag mit sich bringt. Herr Jaenicke fragt sich aber auch, wie das ganze System noch weitergehen kann, denn es fehlen ja zusehends die Plätze für Menschen mit hohem Hilfebedarf. Egal ob für eine adäquate Tagesförderung, oder auch ein Zuhause außerhalb des Elternhauses. Er fragt sich auch, ob es überhaupt noch irgendetwas nützt, an die Öffentlickeit zu gehen und auf die Missstände hinzuweisen. Haben nicht schon viele Pfleger, Betreuer, Therapeuten und auch Eltern resigniert? Resigniert, weil da dieses Gefühl vorherrscht, dass sich am Ende sowieso nichts ändert, egal wie oft man davon spricht? Er beschreibt in dem Artikel in der Lebenshilfe auch dieses tiefe Gefühl in uns, was uns jeden Tag aufs neue weiterkämpfen lässt. Dieses tiefe Gefühl von Liebe, wie sie Eltern entwickeln können. Dazu ein Blick in das Gesicht eines erwachsenen, hilflosen Kindes mit der bitteren und auch schmerzlichen Erkenntnis, wie sehr es seine Eltern braucht. Genau das ist es, was uns alle antreibt. Egal ob wir eine Alleinerziehende Mutter oder Vater sind, egal ob wir in der Öffentlichkeit stehen, oder einsam mit unserem Kind in völligem Rückzug leben, dieses Gefühl treibt uns an, lässt uns immer weitergehen.
Unter dem Titel „Wer bist du“ erschienen Bilder von Florian Jaenicke über das ganze Jahr 2019 im ZEIT-Magazin und wird seit 2020 in größeren Abständen auch fortgesetzt. Dadurch ist sein Sohn Friedrich bereits vielen Lesern bekannt. Diese Foto Kolumne erzeugte viel Aufmerksamkeit und viele Reaktionen aus der Leserschaft. Zur beliebten Kolumne aus dem ZEIT-Magazin ist auch das Buch von
Florian Jaenicke unter dem Titel „Wer bist du?“ erschienen.
Wer bist Du?
Unser Leben mit Friedrich
erschienen im Aufbau Verlag (20.03.2020)
ISBN 9783351037680
„Wir haben lange auf ein Wunder gehofft“ - Florian Jaenicke (Zeit Magazin)