Wurden Menschen mit Behinderung bei der Impfung vergessen?

„Ich hätte mir gewünscht, dass die Politik endlich begreift, dass ein Großteil der Menschen, die zur Hochrisikogruppe gehören, nicht in Intensivpflegeeinrichtungen leben, sondern zu Hause und dass sie auch dort Schutz benötigen.“ (Raul Krauthausen)
Quelle und kompletter Text: WDR

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Es ist immer eine Gratwanderung, wo Normalität und selbstbestimmt anfängt und wo am Ende dann doch das Eigentliche im Vordergrund steht: Die Behinderung.
Es beunruhigt mich zunehmend, wie die Gruppierungen untereinander sich wieder zu vergleichen anfangen.
Alte Menschen in den Pflegeeinrichtungen werden übrigens auch momentan auch den Zuhause lebenden voran gestellt. Eltern holen ihre Kinder unter dem Gesichtspunkt der Platzfreihalteregel von 28 Tagen möglichst aus den Wohneinrichtungen heraus und behalten Ihre Kinder lieber ungeimpft im häuslichen Bereich, weil dort der Schutz am besten ist. In den stationären Einrichtungen ist die Gefahr einer Infizierung durch das wechselnde Personal extrem erhöht. Hier geht es nicht um Gleichberechtigung, sondern um Prioritäten. Dass so eine Forderung u.a. auch von Herrn Krauthausen und seiner Bewegung kommt, ist für mich nicht ungewöhnlich. Es sind meist die Menschen mit einer Körperbehinderung die völlig für sich selbst handeln und sprechen können und mit Unterstützung völlig normal am Leben in der Gesellschaft teilhaben können. Hier droht dann eine neue Gefahr, denn diese Personengruppe vertritt nach außen meist auch nur eine Gruppierung in deren Welt und Anforderungen sie sich auskennen. Die Welt der Familien und Menschen, die mit einer Mehrfachbehinderung und den Problemen konfrontiert werden, ist ihnen oftmals in der Tiefe unbekannt, oder sie finden es einfach schlimm. Dennoch, die nicht unberechtigten Forderungen, wie sie sollten sie umgesetzt werden? Zuerst die Menschen mit einer Mehrfachbehinderung und ihre Angehörigen und dann die Menschen mit einer reinen Körperbehinderung und ihre Angehörigen? Eigentlich Menschen, die wie die im stationären Wohnen ungebrachten, seit März in einem Teil Lockdown leben und die Angehörigen noch gar nicht impfen wollen. Nur wenn dann jetzt nicht geimpft und mitgemacht wird? Wann kommt die nächste Chance? Erpressung durch die Hintertüte aus den eigenen Reihen? Wer übernimmt hier die Verantwortung? Es geht doch nicht nur um uns und unsere Angehörigen, es geht doch um viel mehr. Wenn es nach mir ginge, würden zuerst die Pflegekräfte und die nahen Angehörigen/Betreuungspersonen geimpft werden, denn von Ihnen geht die größte Gefahr aus. Aber auch meine Meinung könnte auch gleich zum Aufhänger für manch eine Vertretung unter den Betroffenen werden. Der Ethik Rat wird sich etwas dabei gedacht haben und wir Angehörigen schützen unsere zu Betreuenden seit März 2020 so gut es geht. Mit allen Konsequenzen. Es erschrickt mich, wie sofort immer von allen Seiten die Forderungen und das Abtrennen einzelner Personengruppierungen erfolgt. Wir stehen am Anfang und es wird sicher ein Jahr dauern, bis mal Land in Sicht ist, was das Impfen betrifft. Ich hab mit Demonstrationen oder auch Petitionen von Normalos gerechnet, die öffentlich gegen das bevorzugte Impfen von Menschen im stationären Wohnen mit geringerer Lebenserwartung, oder auch Behinderung ihre persönlichen Rechte lauthals einfordern. Dass es aber aus den eigenen Reihen kommt, ist für mich wieder das Öffnen einer neuen Schublade. Hierbei möchte ich auch zu bedenken geben, dass auch ein Raul Krauthausen hätte schreiben können: Menschen, die pflegebedürftig sind und in einer stationären Einrichtung im Sinne des §2 Abs. 1 des Neunten Sozialgesetzbuches leben, sowie ihren Beschäftigten. Für ihn scheint es sich bei diesem Wohnen nicht um positve Wohngemeinschaften zu handeln, sondern eher eben „intensiv Pflegeeinrichtungen“. Das bringt mich in meinem Engagement auf die Palme. Man sollte auch in unseren Reihen auf die Gedanken und Worte achten.