Kindergrundsicherung für behinderte Kinder

Stellungnahme des BVKM - wie gut, dass es ihn gibt.

Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wie es überhaupt zu dieser Situation kommen konnte und welchen Stellenwert heute Eltern von erwachsenen Kindern mit Behinderung, momentan auch noch explizit Eltern von Kindern mit hohem Hilfebedarf, in der Gesellschaft, in der Politik und im Verbandswesen haben.

Es mag für nicht Betroffene nur eine Entscheidung und auch Verbesserung für entsprechende Personengruppen sein. Was es aber für Eltern bedeutet, die ihre Kinder intensiv ein ganzes Leben betreuen, mit versorgen, den Personalmangel abfangen, immer alles im Hintergrund absichern, die teilweise medizinische und therapeutische Versorgung oftmals mit eigenen Mittel absichern und dabei noch nicht einmal eine eigene und nicht von außen beeinflussbare Zukunft und damit frei in ihren Entscheidungen vor sich haben, bekommt das alles eine andere Bedeutung und kann auch teilweise schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Ich spreche gerne von Beispielen, die der Realität entsprechen:
Ich selbst betreue meinen Sohn mit hohem Hilfebedarf seit Ende Mai rund um die Uhr zuhause. Mein Leben, meine Freizeit, meine Pläne stehen auf Null. Wir haben Aussicht, dass durch die erfolgte Einstellung von „nur noch“ Hilfskräften, eine Wiedereingliederung in seiner Wohngruppe ab Mitte September möglich wird. Eigentlich fangen wir wieder mit der Ablösung von vorne an, was emotional und auch psychisch eine große Herausforderung werden könnte. Mein Mann ist vorzeitig von der Arbeit freigestellt, was ein Glücksfall für uns ist. Im Oktober bekomme ich dann rückwirkend das Pflegegeld überwiesen. Das monatlich ausgezahlte Kindergeld hat uns in den zurückliegenden Monaten sehr geholfen.

Zunehmend werden gerade die älter werdenden Eltern wieder in Pflege und Betreuung mit einbezogen, weil es einfach nicht mehr möglich sein wird, dass die Betreuung in entsprechenden Einrichtungen außerhalb des Elternhauses gewährleistet werden kann.
Allein die Entwicklung in den letzten Monaten, dabei denke ich an die vorübergehenden Schließungen von Wohngruppen, dazu der realistische Blick auf den Arbeitsmarkt und die Entwicklung, bzw. Tendenz eines Einsatzes von ungelernten Kräften, wäre die Streichung des Kindergeldanspruchs und damit verbundenen Steuerrecht ein Fiasko!
Auch dass man uns Eltern von Kindern mit Behinderung (teilweise unverzichtbar im momentanen Ist-Zustand der Entwicklung in der Behindertenhilfe) so einfach mal in der Gesetzgebung vergessen hat, finde ich entwürdigend und sehr viele Fragezeichen tun sich auf.
Lange Wartelisten für Plätze in Tagesförderstätten, Aufnahmestopp in Wohnheimen, Schließung von Wohngruppen, dass ist die momentane Realität, mit der sich Eltern von Kindern mit höherem und hohem Hilfebedarf gerade konfrontiert sehen.

Gesetzgebung ist Bund und ich hoffe sehr, dass der Bundesverband (Elternverband) der Lebenshilfe ganz deutlich ebenso wie der BVKM reagiert und vor allem dabei auch die „Eltern“ als Elternverband im Auge hat.

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Hallo Inge,
ich denke, wir sind alle bürokratiemüde und möchten nicht schon wieder Widersprüche und Klagen einreichen müssen, und sooo jung sind wir auch nicht mehr alle (ich zumindest)…

Die Antwort an Tacheles habe ich übrigens wie in meinem korrigierten Vorschlag geschickt.

Seite 18:

Zu Artikel 3 - Änderung des Einkommensteuergesetzes

  1. Zu Art. 3 Nr. 2, § 74 Abs. 3 EStG-E: Regeln eines Abzweigungsantrages für den
    Kindergarantiebetrag
    Für Eltern, deren volljährige, pflegebedürftige Kinder dauerhaft außerhalb des Elternhauses
    wohnen, sollte die Möglichkeit bestehen bleiben, den Auszahlungsanspruch auf den
    Kindergrundsicherungsgarantiebetrag sicherzustellen. Insofern ein Fall des § 5 Abs. 2 Nr. 3
    BKG-E oder des § 32 Abs. 4 Nr. 3 EStG, auch nach dem Auszug des Kindes, vorliegt und die
    Kinder Leistungen nach dem 4. Kapitel SGB XII beziehen, ohne dass das Kind einen
    Zahlungsanspruch erwirbt, den die Sozialämter ggf. auf sich überleiten können.
    Diese Eltern haben, auch nach dem Auszug des Kindes, einen hohen Aufwand an
    Unterstützung zu leisten und zudem hohe finanzielle Aufwendungen für ihre Kinder z.B. für
    nicht erstattungsfähige Medikamente, Zahnersatz, Brillen, Fahrtkosten und bestimmte
    Therapien.
    Würde nun der eigene Auszahlungsanspruch volljähriger Kinder so normiert, wie er im
    Entwurf enthalten ist, ist zu befürchten, dass die Sozialämter die betroffenen behinderten
    Menschen dazu auffordern, diesen vorrangigen Anspruch geltend zu machen und die SGB XII
    Leistungen um diesen Betrag zu mindern. Darunter fielen auch alle volljährigen, dauerhaft voll
    erwerbsgeminderten Menschen, die in Wohngemeinschaften oder Wohneinrichtungen leben.
    Dies würde zu einer deutlichen Verschlechterung der Situation der volljährigen
    pflegebedürftigen Kinder und ihrer Eltern führen.
    Außerdem kann durch diese weitere Bedingung der Kindergarantiebetrag, der zum
    Lebensunterhalt des Kindes gedacht ist, bei daheim lebenden Kindern durch die Eltern
    wirklich zum Lebensunterhalt genutzt werden und das volljährige Kind kann dieses Geld nicht
    in Konfliktfällen dem Zugriff der Eltern entziehen. So wie der Gesetzentwurf formuliert ist,
    bestünde auch dann ein Auszahlungsanspruch volljähriger Kinder, wenn diese
    Naturalleistungen (z.B. durch freie Kost und Logis, aber auch durch Betreuungs- und
    Pflegeleistungen) erhalten.
    Die Option einer Direktzahlung an das betroffene behinderte Kind hätte insbesondere
    Auswirkungen für Familien, in denen volljährige pflegebedürftige Kinder leben und die
    Leistungen nach dem 4. Kapitel SGB XII beziehen. Nach dem Urteil des BSG vom
    08.02.2007, Az.: B 9b SO 6/05 R bzw. dem Urteil des BFH vom 18.04.2013, Az.: V R 48/11 ist
    es Eltern möglich, das Kindergeld nicht an das Kind weiterzuleiten, ohne einen
    Abzweigungsantrag seitens der Sozialämter befürchten zu müssen. Begründet wird dies
    höchstrichterlich damit, dass Eltern behinderter Kinder Leistungen erbringen, die über den
    normalen Unterhalt und das normale Existenzminimum hinausgehen. Die bestehende
    Rechtslage hat zur Folge, dass den volljährigen Kindern Grundsicherungsleistungen ohne die
    Anrechnung des Kindergelds gezahlt werden. Würde nun der eigene Auszahlungsanspruch
    volljähriger Kinder so normiert, wie er im Entwurf enthalten ist, ist zu befürchten, dass die
    Sozialämter die betroffenen behinderten Menschen dazu auffordern, diesen vorrangigen
    Anspruch geltend zu machen, so dass in der Summe die Grundsicherung um den
    Kindergarantiebetrag gemindert wird.
    Dies würde zu einer deutlichen Verschlechterung der finanziellen Situation von Familien
    führen und stünde im Widerspruch zu der genannten Rechtsprechung.
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„Menschen mit Behinderungen und hohem Unterstützungsbedarf können häufig keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und sind dauerhaft erwerbsgemindert. Häufig haben sie daher einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII. Es darf nicht dazu kommen, dass der Auszahlungsanspruch des Menschen mit Behinderung auf den Kindergarantiebetrag ab der Volljährigkeit dazu führt, dass dies bedarfsmindernd auf die Leistung der Grundsicherung nach dem SGB XII angerechnet wird. Dem Kindergeld kommt bei Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf eine große Ausgleichsfunktion zu (häufig bis ins hohe Alter des Menschen mit Behinderung), die nicht wegfallen darf.“

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Allen Eltern, auch die Eltern, deren Kind stationär und vergleichbar untergebracht ist. Sind bei Tacheles Pädagogen mit Hintergrundwissen am Werk? Es geht auch um die Ansprüche von Beamten zum Beispiel. Es gibt mittlerweile auch eine Stellungnahme vom Deutschen Behindertenrat. Der befasst sich auch damit.

  1. September 2023

Stellungnahme des Paritätischen Gesamtverbands zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Kindergrundsicherung - Der Paritätische - Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege (der-paritaetische.de)

ParitätischerGesamtverband_Stellungnahme_Kindergrundsicherung_RefE.pdf (der-paritaetische.de)

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Keine Erwähnung von behinderten Kinder!

Antwort auf meine Mail an den VdK- Bundesverband

vielen Dank für Ihre Anfrage, welche ich zuständigkeitshalber gerne beantworte.

Beim Thema der Auszahlung der Kindergrundsicherung muss man zwischen dem Kindergarantiebetrag (250 Euro, wie derzeit das Kindergeld) und dem Kinderzusatzbetrag (einkommensabhängig und nach Alter des Kindes gestaffelt) unterscheiden.

Der Kindergarantiebetrag soll nach den Plänen des Familienministeriums weiterhin wie das Kindergeld bei den Eltern als Anspruch bleiben. Hier wird sich also wenig zur jetzigen Situation verändern. Die einzige Neuerung wird sein, dass erwachsene Kinder bei der Agentur für Arbeit anmelden können, dass sie das Geld gerne direkt ausgezahlt bekommen wollen. Hierfür müsste Ihr Kind also erst einmal aktiv werden. Ansonsten bleibt der Kindergarantiebetrag von 250 Euro weiterhin Anspruch der Eltern und wird auch für volljährige Kinder in der Regel an die Eltern ausgezahlt.

Der Anspruch für den Kinderzusatzbetrag wird hingegen beim Kind liegen. Dieser wird allerdings sowieso nur bis zum 25. Lebensjahr gezahlt, daher wird Sie das nicht betreffen.

Ich kann Ihnen versichern: Als VdK werden wir uns dafür einsetzen, dass es zu keinerlei Verschlechterungen für Familien mit Kindern mit Behinderungen kommt. Die Steuervorteile für Familien mit Kindern mit Behinderungen müssen bestehen bleiben. Dies haben wir auch in unserer Stellungnahme zum aktuellen Gesetzesentwurf des Familienministeriums deutlich hineingeschrieben. Das weitere parlamentarische Verfahren bleibt nun abzuwarten. Wir werden aber nicht locker lassen und unsere Forderungen immer wieder wiederholen.

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute!

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@susemichel1 danke für die Updates und Infos!

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Der vorgeschlagene neue Auszahlungsanspruch für den Kindergarantiebetrag birgt für
volljährige Kinder mit Behinderungen zudem die Gefahr, dass es ohne weitere gesetzliche
Klarstellung zu erheblichen finanziellen Verschlechterungen gegenüber der derzeitigen
Rechtslage kommt. Vielfach handelt es sich um Menschen mit Behinderungen, die einen
komplexen und hohen Unterstützungsbedarf haben und die keiner Erwerbstätigkeit auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen. Oft ist dieser Personenkreis dauerhaft voll
erwerbsgemindert, weswegen ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und
bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII besteht. Die direkte Auszahlung
des Kindergarantiebetrages an das volljährige Kind mit Behinderungen könnte dazu führen,
dass dieser Betrag als Einkommen des Kindes betrachtet wird, wodurch dieser dann auf
Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach SGB XII
angerechnet würde Damit würde die bisherige wichtige finanzielle Ausgleichsfunktion für
erwachsene Kinder mit Behinderungen und komplexem Unterstützungsbedarf und ihrer
Eltern wegfallen. Die AWO fordert daher, dass eine solche Schlechterstellung
ausgeschlossen wird, und zwar entweder durch Klarstellung in der Änderung von § 74 Abs. 2
EstG und/oder in der Grundsicherung nach SGB XII.

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Vor dem Hintergrund der finanziellen Ausgleichsfunktion des Kindergeldes (zukünftig des
Kindergarantiebetrages) für Eltern von volljährigen Kindern mit Behinderung muss sichergestellt werden, dass es aufgrund des Auszahlungsanspruchs gem. § 8 BKG für die Familien
von Kindern gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 BKG (und § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG) nicht zu
Schlechterstellungen kommt.

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An dieser Stelle möchten wir auch darauf hinweisen, dass wir selten unmittelbar nach
Erhalt eine Referentenentwurfes Reaktionen aus der Praxis erhalten. Vorliegend ist
dies anders. In den vergangenen vier Tagen haben uns schon eine ganze Reihe
zutiefst besorgter Eltern kontaktiert.

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Den Rest lest bitte selbst…ist zu lang, um Auszüge zu kopieren…

LG
Susanne

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Ich stand über den Landesvorstand der Lebenshilfe Bayern als Vorstandsmitglied, in direktem Kontakt mit der Bundesgeschäftsführerin der Lebenshilfe. Wir haben alle gute Arbeit geleistet. Zumindest wie es innerhalb von 7 Tagen, incl. Wochenende, uns möglich war.

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Die Kuh ist noch lange nicht vom Eis, aber so ein kleines bisschen können wir uns alle auf die Schultern klopfen…
Toll, wenn Solidarität entsteht und toll, dass einige starke Verbände uns zur Seite stehen.
Und trotzdem schreiben wir weiter, das Ding muss noch durch den Bundesrat, da könnte man auch bei den Ländern ansetzen…
Das ist ein Murks-Gesetz, nicht nur aus unserer Sicht!

Liebe Grüße
Susanne

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http://www.portal-sozialpolitik.de/uploads/sopo/pdf/2023/2023-08-08_2_Referentenentwurf_KinderGruSi.pdf

Entwurf vom 08.09.23

Hallo susemichel1,

auf dem verlinkten Papier steht doch:
Bearbeitungsstand: 08.08.2023
Kindergrundsicherungsgesetz - 2. Referentenentwurf (portal-sozialpolitik.de)

LG
Monika

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