Medizinische Versorgung
Zahnärztliche Versorgung
Stand: 02.08.2024
Die Zahnbehandlung eines Kindes mit Behinderung ist aus verschiedenen Gründen nicht immer leicht umsetzbar. Dennoch ist die richtige Zahnbehandlung für die Gesundheit deines Kindes sehr wichtig. Im Folgenden geben wir dir einige hilfreiche Informationen rund um das Thema Mundhygiene und Zahnbehandlung bei Menschen mit einer Behinderung.
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Warum ist die Frage nach der richtigen Zahnbehandlung so wichtig?
Die Mundhygiene und die richtige Zahnbehandlung sind nicht nur aus medizinischer Sicht wichtig, sondern auch für das allgemeine Wohlbefinden deines Kindes. Beschwerden, die aufgrund mangelnder oder erschwerter Zahnhygiene bei einem Kind auftreten, sind schmerzhaft und werden teilweise nicht immer gleich erkannt.
Manchmal können sich Kinder aufgrund einer Behinderung nicht selbst die Zähne putzen und sind auf Unterstützung angewiesen. Die dadurch erschwerte Mundhygiene (beispielsweise durch eine körperliche Beeinträchtigung aufgrund derer, die Zähne von jemand anderem geputzt werden) macht die Zähne des Betroffenen teilweise anfälliger für Karies. Dieser muss dann wieder behandelt werden.
Darüber hinaus erfüllt nicht jeder Zahnarzt die räumlichen, fachlichen oder auch persönlichen Kriterien, die für die Behandlung wichtig sind. Der Zahnarzt sollte Einfühlungsvermögen haben und auf die Bedürfnisse des Kindes auch während der Zahnbehandlung eingehen.
Rechtliche Grundlagen
Pflegebedürftige Personen und Menschen mit einer Behinderung haben nach § 22a SGB V einen zusätzlichen Anspruch auf Leistungen, um Zahnerkrankungen vorzubeugen.
Diese Leistungen umfassen:
- Erhebung des Mundgesundheitszustandes
- Aufklärung zur Bedeutung der Mundhygiene und was hilft, die Mundgesundheit zu erhalten
- Erstellung eines Planes zur individuellen Mund- und Prothesenpflege
- Entfernung harter Zahnbeläge (Zahnstein)
Menschen mit Behinderung haben 2 Mal im Jahr Anspruch auf eine zahnärztliche Untersuchung und auf eine Zahnsteinentfernung.
Die Entfernung von harten Zahnbelägen kann die Zahnpflege deines Kindes unterstützen. Oftmals ist das Zähneputzen auch zu Hause nicht leicht und durch eine professionelle Entfernung der harten Zahnbeläge können Zahnschäden vermieden werden.
Wo kann die Behandlung stattfinden?
Neben einer Behandlung in der Zahnarztpraxis gibt es für Menschen mit einer Behinderung, die nicht oder nicht mehr in der Lage sind eine Zahnarztpraxis aufzusuchen, ein Recht auf eine zahnmedizinische Versorgung Zuhause. Bei der sogenannten "aufsuchenden zahnärztlichen Betreuung" können die Untersuchung, Behandlung oder Vorsorgemaßnahmen vor Ort durchgeführt werden. Frage zuvor bei deiner Krankenkasse hinsichtlich der Kostenübernahme nach. Zahnärzte in Bayern die Hausbesuche anbieten findest Du entweder über den jeweiligen Zahnärztlichen Bezirksverband oder die Zahnarztsuche der Bayerischen Landeszahnärztekammer.
Wer übernimmt die Kosten?
Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt die Kosten für die zahnärztliche Behandlung deines Kindes. Darin enthalten sind Leistungen zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Festgeschrieben sind die Leistungen in § 27 SGB V und § 28 Absatz 2 SGB V.
Häufig kann bei Kindern mit einer Behinderung die zahnärztliche Behandlung nur mit Hilfe einer Vollnarkose stattfinden. Üblicherweise findet die Behandlung unter einer lokalen Betäubung statt und die Kosten für eine Vollnarkose werden nur dann übernommen werden, wenn es keine andere Möglichkeit zur Schmerzausschaltung während der Behandlung gibt.
Es gibt aber Ausnahmen, in denen die Kosten übernommen werden:
- Bei Patienten, die aufgrund körperlicher oder geistiger Behinderungen (beispielsweise bei unkontrollierbaren Spastiken) nur unter Vollnarkose zu behandeln sind
- Bei Kindern unter 12 Jahren die nicht behandlungswillig sind, bei denen aber eine Behandlungsnotwendigkeit vorliegt und trotz mehrfacher Versuche keine Behandlung möglich ist
- Bei Patienten, bei denen eine Alternative (beispielsweise eine örtliche Betäubung) aufgrund von einer Erkrankung oder Allergie nicht möglich ist
- Bei Patienten mit hochentzündlichen Prozessen, da dadurch keine andere Schmerzausschaltung möglich ist
- Bei Patienten mit schweren, ärztlich anerkannten Angstreaktionen (gesonderte Ausnahme: direkte Nachfrage bei zuständiger Krankenkasse notwendig)
Angepasste Parodontitistherapie seit Juli 2021
Seit dem 01.07.2021 gibt es eine verbesserte Versorgung für gesetzlich Krankenversicherte bei Parodontitis. Grundlage ist die PAR-Richtlinie (PDF-Download), die Du auf der Seite des Gemeinsamen Bundesausschusses findest.
Besonderheiten gibt es bei pflegebedürftigen Personen und Menschen mit einer Behinderung. Diese haben das Recht eine auf ihre Bedürfnisse angepasste Behandlung/Parodontitis-Therapie zu erhalten, die dadurch unter bestimmten Umständen von der allgemeinen Richtlinie abweichen kann.
Ein Anspruch kann bestehen, wenn
- die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der Mundhygiene nicht oder nur eingeschränkt gegeben ist,
- eine Behandlung nur unter Vollnarkose möglich ist,
- die Kooperationsfähigkeit nicht oder nur eingeschränkt vorhanden ist.
Ausführliche Informationen (unter anderem zu den bestehenden Leistungen) kannst Du nochmal in diesem Dokument (PDF-Download) des Gemeinsamen Bundesausschusses nachlesen.
Ob ein Anspruch auf eine auf die Bedürfnisse angepasste Behandlung besteht, entscheidet der behandelnde Zahnarzt.
Wer behandelt mein Kind?
Es kann hilfreich sein zu wissen, welche Anlaufstellen für die Zahnbehandlung des Kindes geeignet sind. Beispielsweise ist es von Bedeutung, ob die Rahmenbedingungen in der Praxis (Barrierefreier Zugang, Aufzug, Parkmöglichkeiten) gegeben sind.
Zum einen gibt es speziell im Bereich der Zahnmedizin mehrere Verzeichnisse, in denen Du dich nach passenden Zahnarztpraxen umsehen kannst:
- Zahnarztsuche der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung
- Zahnarztsuche bei der Bundeszahnärztekammer
Hilfe findest Du auch bei der Patientenberatungsstelle, die dir bei der Suche nach einer geeigneten Zahnarztpraxis weiterhelfen kann.
Zum anderen ist es hilfreich, sich mit anderen Eltern über ihre Erfahrungen im Bereich der Zahnbehandlung auszutauschen. Viele Eltern kennen schon Praxen und Ärzte, in denen die Behandlung ihres Kindes sehr gut funktioniert hat und können dir Tipps oder Empfehlungen geben.
Schau doch einfach einmal in unserer intakt-Community vorbei.
Weiterführende Informationen
- Anlaufstellen in unserer bayernweiten Adressdatenbank
- Mundgesundheit-Tipps für Menschen mit Behinderung findest Du in einem ersten und in einem zweiten Teil auf YouTube vom Kanal Special Olympics Deutschland
Quellenverzeichnis
- https://www.blzk.de/blzk/site.nsf/id/pa_hausbesuch_zahnarzt.html
- https://www.bundesgesundheitsministerium.de/zahnaerztliche-behandlung.html
- https://www.bzaek.de/fuer-patienten/zahnarztsuche.html
- https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen/707/
- https://www.g-ba.de/downloads/62-492-2511/RL-Z_Behandlung_2021-05-06_iK-2021-07-01.pdf
- https://www.g-ba.de/downloads/39-261-4814/2021-05-06_Behandlungs-RL_PAR-vulnerable-Gruppen_Banz.pdf
- https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__22a.html
- https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__27.html
- https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__28.html
- https://www.lebenshilfe.de/informieren/familie/rund-um-den-mund/endlich-unterstuetzung-bei-der-zahnpflege/
- https://www.patientenberatung-der-zahnaerzte.de/beratungsstellen/
- https://www.kzbv.de/patienteninformationen.1034.de.html
- https://www.kzbv.de/par-richtlinie.1498.de.html
- https://www.kzbv.de/versorgungsangebote-bei-pflege-oder.1362.de.html
- https://www.kzbv.de/zahnarztsuche.1078.de.html
- https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbv/22a.html
- https://www.zahnaerzte-hh.de/zahnaerzte-portal/praxis/abrechnung/kassenabrechnung-kzv/abrechnungsfragen-a-z/narkosen/