Leistungen zur Teilhabe

Recht auf Teilhabe

Leistungen zur Teilhabe

Stand: 30.11.2023

Leistungen zur Teilhabe unterstützen Menschen mit Behinderung aktiver am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und ihre Lebensgestaltung in größerem Maße selbstbestimmt zu realisieren. Ein wichtiges Ziel besteht darin, bestehende Barrieren weiter zu verringern. Aus diesem Grund wurden die Leistungen zur Teilhabe vom Gesetzgeber verabschiedet. In dem folgenden Fachbeitrag erhältst Du einen Überblick über die verschiedenen Leistungen zur Teilhabe und erfährst, wie man diese in Anspruch nehmen kann.

Bildquelle: © Sascha Bergmann - stock.adobe.com

Was sind Leistungen zur Teilhabe?

Leistungen zur Teilhabe umfassen verschiedene Sozialleistungen, die von Menschen mit Behinderung und Menschen, die von einer Behinderung bedroht sind beantragt werden können. Die Leistungen zur Teilhabe gibt es unabhängig von der Ursache einer Behinderung. 

Ziel der Leistungen zur Teilhabe ist es, die Selbstbestimmung und volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft von Menschen mit Behinderung zu fördern sowie Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken (§ 1 SGB IX). 

Das heißt, die Leistungen zur Teilhabe sollen laut Gesetz (§ 4 SGB IX): 

  • die Behinderung abwenden, beseitigen, mindern, ihre Verschlimmerung verhüten oder ihre Folgen mildern,
     
  • Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit vermeiden, überwinden, mindern oder eine Verschlimmerung verhüten sowie den vorzeitigen Bezug anderer Sozialleistungen vermeiden oder laufende Sozialleistungen mindern,
     
  • die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten dauerhaft sichern oder
     
  • die persönliche Entwicklung ganzheitlich fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung ermöglichen oder erleichtern.
     

Die Leistungen zur Teilhabe dienen also dazu, Barrieren in vielen unterschiedlichen Bereichen abzubauen und dadurch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu fördern.

Die Leistungen zur Teilhabe werden in fünf verschiedene Leistungsgruppen eingeteilt und von verschiedenen Leistungsträgern übernommen, z. B. von der gesetzlichen Krankenkasse, von der Agentur für Arbeit oder von der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die gesetzliche Grundlage zu den Leistungen zur Teilhabe findest Du im SGB IX.

Wer hat Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe?

Grundsätzlich haben Menschen mit Behinderung oder Menschen, die von Behinderung bedroht sind, Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe. 

Ein Mensch gilt als behindert, wenn er aufgrund von Barrieren im Alltag für einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten nicht uneingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann. Als von einer Behinderung bedroht wird eine Person eingestuft, wenn beispielsweise aufgrund einer Krankheit in naher Zukunft eine Behinderung auftreten kann. Die Behinderung muss jedoch nicht zwangsläufig eintreten.

Welche verschiedenen Leistungen zur Teilhabe gibt es?

Die Leistungen zur Teilhabe werden in die fünf folgenden Leistungsgruppen eingeteilt. Zu einigen Leistungen gibt es weiterführende Fachbeiträge (siehe dazu die entsprechenden Verlinkungen).

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation

  • Behandlung durch Ärzte, Zahnärzte und andere Heilberufe, soweit deren Leistungen unter ärztlicher Aufsicht oder auf ärztliche Anordnung ausgeführt werden, einschließlich der Anleitung, eigene Heilungskräfte zu entwickeln, 
     
  • Früherkennung und Frühförderung für Kinder mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Kinder,
     
  • Arznei- und Verbandsmittel,
     
  • Heilmittel einschließlich physikalischer, Sprach- und Beschäftigungstherapie,
     
  • Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
     
  • Hilfsmittel 
     
  • Belastungserprobung und Arbeitstherapie sowie
     
  • digitale Gesundheitsanwendungen
     

Neben den genannten Leistungen werden auch die folgenden Hilfen, soweit erforderlich erbracht: 

  • Hilfen zur Unterstützung bei der Krankheits- und Behinderungsverarbeitung,
     
  • Hilfen zur Aktivierung von Selbsthilfepotentialen,
     
  • die Information und Beratung von Partnern und Angehörigen sowie von Vorgesetzten und Kollegen, wenn die Leistungsberechtigten dem zustimmen,
     
  • die Vermittlung von Kontakten zu örtlichen Selbsthilfe- und Beratungsmöglichkeiten,
     
  • Hilfen zur seelischen Stabilisierung und zur Förderung der sozialen Kompetenz, unter anderem durch Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten und im Umgang mit Krisensituationen,
     
  • das Training lebenspraktischer Fähigkeiten sowie
     
  • die Anleitung und Motivation zur Inanspruchnahme von Leistungen der medizinischen Rehabilitation
     

Die gesetzliche Grundlage zu den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation findest Du in den §§ 42-48 SGB IX.

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

  • Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung,
     
  • eine Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung,
     
  • die individuelle betriebliche Qualifizierung im Rahmen Unterstützter Beschäftigung,
     
  • die berufliche Anpassung und Weiterbildung, auch soweit die Leistungen einen zur Teilnahme erforderlichen schulischen Abschluss einschließen,
     
  • die berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt werden,
     
  • die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch die Rehabilitationsträger,
     
  • sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um Menschen mit Behinderungen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten.
     

Ausführliche Informationen rund um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben findest Du in unseren Fachbeiträgen „Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben", “Ausbildung und Studium mit Behinderung” und “Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM)”. Die gesetzliche Grundlage zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben findest Du in den §§ 49-63 im SGB IX

Unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen

  • Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Ausbildungsgeld oder Unterhaltsbeihilfe,
     
  • Beiträge und Beitragszuschüsse (z. B. zur Kranken-, Unfall-, Renten- und Pflegeversicherung sowie an die Bundesagentur für Arbeit)
     
  • ärztlich verordneten Rehabilitationssport in Gruppen unter ärztlicher Betreuung und Überwachung einschließlich Übungen für Frauen und Mädchen mit Behinderung oder die von einer Behinderung bedroht sind, die der Stärkung des Selbstbewusstseins dienen,
     
  • ärztlich verordnetes Funktionstraining in Gruppen unter fachkundiger Anleitung und Überwachung,
     
  • Reisekosten sowie
     
  • Betriebs- oder Haushaltshilfe und Kinderbetreuungskosten.
     

Die gesetzliche Grundlage zu unterhaltssichernden und anderen ergänzenden Leistungen findest Du in den §§ 64-74 SGB IX

Leistungen zur Teilhabe an Bildung

  • Hilfen zur Schulbildung, insbesondere im Rahmen der Schulpflicht einschließlich der Vorbereitung hierzu,
     
  • Hilfen zur schulischen Berufsausbildung,
     
  • Hilfen zur Hochschulbildung und
     
  • Hilfen zur schulischen und hochschulischen beruflichen Weiterbildung
     

Ausführliche Informationen rund um Leistungen zur Teilhabe an Bildung findest Du in unserem Fachbeitrag zum Thema „Schulalter“ und in unserem Fachbeitrag “Ausbildung und Studium mit Behinderung“. Die gesetzliche Grundlage zu Leistungen zur Teilhabe an Bildung findest Du in § 75 SGB IX

Leistungen zur sozialen Teilhabe

  • Leistungen für Wohnraum, 
     
  • Assistenzleistungen, 
     
  • heilpädagogische Leistungen,
     
  • Leistungen zur Betreuung in einer Pflegefamilie,
     
  • Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten,
     
  • Leistungen zur Förderung der Verständigung,
     
  • Leistungen zur Mobilität und
     
  • Hilfsmittel.
     

Die gesetzliche Grundlage zu Leistungen zur sozialen Teilhabe findest Du in §§ 76-84 im SGB IX.

Welcher Träger ist für die Leistungen zur Teilhabe zuständig?

Für die Leistungen zur Teilhabe ist kein einheitlicher Träger zuständig. Vielmehr haben verschiedene Träger von Sozialleistungen neben ihren sonstigen Aufgaben einen speziellen Bereich der Leistungen zur Teilhabe. Man nennt diese Träger im Zusammenhang mit den Leistungen zur Teilhabe Rehabilitationsträger, manchmal wird auch der Begriff Leistungsträger verwendet.

Oftmals werden die gleichen Leistungen auch von unterschiedlichen Trägern erbracht, je nachdem auf welche Weise eine Behinderung eingetreten ist.
 

Es gibt folgende Rehabilitationsträger: 

TrägerAufgabenbereiche
Gesetzliche KrankenkassenErbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen
Gesetzliche RentenversicherungLeistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen
Gesetzliche UnfallversicherungLeistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen sowie Leistungen zur sozialen Teilhabe
Bundesagentur für ArbeitLeistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen
EingliederungshilfeLeistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen zur Teilhabe an Bildung sowie Leistungen zur sozialen Teilhabe
Öffentliche JugendhilfeLeistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen zur Teilhabe an Bildung sowie Leistungen zur sozialen Teilhabe

Wo muss ich den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe stellen?

Für Leistungen zur Teilhabe ist grundsätzlich ein Antrag erforderlich. Dieser ist beim zuständigen Rehabilitationsträger zu stellen. Allerdings ist nicht immer ganz klar, welcher Träger dafür zuständig ist. Deswegen sind die Träger zur Zusammenarbeit verpflichtet. 

Jeder Rehabilitationsträger muss alle Anträge, auf Leistungen zur Teilhabe, entgegennehmen. Diese Anträge können auch formlos sein. Es ist demnach egal, an welchen Rehabilitationsträger Du deinen Antrag stellst, denn er ist verpflichtet, deinen Antrag an den jeweils zuständigen Rehabilitationsträger weiterzuleiten, insofern er selbst nicht für den Antrag zuständig ist.

Wenn mehrere Träger beteiligt sind, müssen die Rehabilitationsträger, die Leistungen aufeinander abgestimmt, zusammenzustellen. Im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) werden die Leistungen seit 01.01.2018 in einem sogenannten Teilhabeplanverfahren koordiniert. Dieses Prinzip soll zur Entlastung des Antragsstellers beitragen und die verschiedenen Leistungen wie aus einer Hand ermöglichen. Seit dem 01.01.2022 wird auch das Jobcenter verbindlich in die Teilhabeplanverfahren eingebunden. Im Rahmen einer Zuständigkeitsklärung wird entschieden, welcher Träger verantwortlich ist. Die Koordinierung der Leistungen und die Zusammenarbeit der verschiedenen Reha-Träger sind in den §§ 14-27 im SGB IX geregelt. 

Die Wünsche der leistungsberechtigten Person werden sowohl bei der Entscheidung über Leistungen als auch bei der Entscheidung über die Ausführung der Leistung miteinbezogen. (§ 8 SGB IX).

Tipps zur Antragstellung erhältst Du in unseren Fachbeiträgen zum Thema „Antrag, Widerspruch, Klage“.

Einen Fristenrechner zur Berechnung relevanter Fristen und weitere Informationen zum Reha-Prozess findest Du auf der Seite reha-fristenrechner.de.

In welcher Form erhalte ich Leistungen zur Teilhabe? 

Leistungen zur Teilhabe werden dir in der Regel als Sachleistungen zur Verfügung gestellt. Das heißt, Du bekommst Hilfsmittel oder Dienstleistungen zur Verfügung gestellt.

Auf Antrag kannst Du die Leistungen zur Teilhabe jedoch auch in Form eines Persönlichen Budgets erhalten (§ 29 SGB IX). Du bekommst dann Geld, mit dem Du Leistungen zur Teilhabe selbst einkaufen und bezahlen kannst. Damit kannst Du selbst entscheiden, welche Hilfen am besten geeignet sind und wer die Leistungen zu welchem Zeitpunkt erbringen soll.

Muss ich mich an den Kosten beteiligen?

Dies ist von Leistung zu Leistung unterschiedlich. Bei einigen Leistungen zur Teilhabe entsteht kein Eigenanteil, bei anderen hingegen muss ein Eigenanteil gezahlt werden.

Einige Leistungen der Eingliederungshilfe sind zudem einkommens- und vermögensabhängig. Hier entscheidet dein Einkommen und Vermögen über Anspruch und Höhe der Leistung. Ausführliche Informationen zu den Leistungen der Eingliederungshilfe erhältst Du in unserem Fachbeitrag „Eingliederungshilfe“

Weiterführende Informationen
Quellenverzeichnis
Bildquellen
  • https://stock.adobe.com/de/images/teilhabe/40211580