Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben

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Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben

Stand: 13.03.2024

Menschen mit Behinderung sollen genauso am Arbeitsleben teilhaben können wie Menschen ohne Behinderung. Deshalb gibt es verschiedene Leistungen und zusätzliche arbeitsrechtliche Regelungen für Menschen mit Behinderung. Wir möchten dir im folgenden Fachbeitrag die wichtigsten Einrichtungen, Leistungen, Regelungen und Rechte vorstellen.

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Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind Teil der Leistungen zur Teilhabe und umfassen verschiedene Leistungen zur Förderung der beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung oder von einer Behinderung bedrohten Menschen. Dabei steht vor allem die Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes und die Förderung einer Arbeitsaufnahme im Vordergrund. Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung sind in den §§ 49-63 des SGB IX festgehalten. Wichtig zu wissen ist, dass dieser Leistungskatalog offen ausgestaltet ist. Das heißt es können auch Leistungen gewährt werden die nicht explizit aufgeführt sind.

Für Menschen mit Schwerbehinderung (ab einem Grad der Behinderung von 50) und Menschen, die diesen gleichgestellt sind, gibt es darüber hinaus noch weitere Leistungen. Diese sind in den §§ 151-227 des SGB IX, dem sogenannten Schwerbehindertenrecht und in der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) geregelt.

Das Integrationsamt 

Eine wichtige Anlaufstelle für Menschen mit Behinderung ist das Integrationsamt. Integrationsämter erfüllen wichtige Aufgaben bei der Eingliederung von Menschen mit Schwerbehinderung in das Arbeitsleben und stellen dabei sowohl dem Menschen mit Schwerbehinderung als auch seinem Arbeitgeber Leistungen zur Verfügung. 
Diese Aufgaben sind nach § 185 SGB IX unter anderem:

  • Leistungen an schwerbehinderte Menschen und ihre Arbeitgeber (die sogenannte begleitende Hilfe im Arbeitsleben)
     
  • besonderer Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen
     
  • Kurse und Öffentlichkeitsarbeit
     
  • Erhebung und Verwendung der Ausgleichsabgabe

Auf der Seite der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) findest Du eine Übersicht der Leistungen der Integrations- und Inklusionsämter. Weitere Informationen findest Du in der ausführlichen Broschüre „ABC Fachlexikon" (PDF-Download) der BIH. Dein zuständiges Integrationsamt findest Du auf dieser Seite der BIH.

Zu den Hauptaufgaben des Integrationsamtes gehören die begleitenden Hilfen. Diese haben ebenfalls das Ziel, dass Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben teilhaben können. 
Die begleitenden Hilfen umfassen:

  • Betreuung durch den Integrationsfachdienst (IFD), 
     
  • Beratung und Betreuung in allen Fragen des Arbeitslebens
     
  • Unterstützte Beschäftigung
     
  • Arbeitsassistenz
     
  • Finanzielle Leistungen an Menschen mit Schwerbehinderung und Arbeitgeber
     
  • Integrationsfachdienst

Der Integrationsfachdienst (IFD)

Das Integrationsamt nutzt für die individuelle Unterstützung, Begleitung und Betreuung eines Menschen mit Schwerbehinderung und dessen Arbeitgeber die Dienste des Integrationsfachdienstes. Zu den Aufgaben des Integrationsfachdienstes gehören unter anderem:

  • ein individuelles Fähigkeits-, Leistungs- und Interessenprofil zur Vorbereitung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, in enger Kooperation mit den schwerbehinderten Menschen, dem Auftraggeber und der abgebenden Einrichtung der schulischen oder beruflichen Bildung oder Rehabilitation zu erarbeiten,
     
  • die betriebliche Ausbildung schwerbehinderter, insbesondere seelisch und lernbehinderter Jugendlicher zu begleiten,
     
  • geeignete Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erschließen,
     
  • die schwerbehinderten Menschen auf die vorgesehenen Arbeitsplätze vorzubereiten,
     
  • die schwerbehinderten Menschen, solange erforderlich, am Arbeitsplatz oder beim Training der berufspraktischen Fähigkeiten am konkreten Arbeitsplatz zu begleiten,
     
  • mit Zustimmung des schwerbehinderten Menschen, die Mitarbeiter im Betrieb oder in der Dienststelle über Art und Auswirkungen der Behinderung und über entsprechende Verhaltensregeln zu informieren und zu beraten,
     
  • eine Nachbetreuung, Krisenintervention oder psychosoziale Betreuung durchzuführen sowie
     
  • als Ansprechpartner für die Arbeitgeber zur Verfügung zu stehen, über die Leistungen für die Arbeitgeber zu informieren und für die Arbeitgeber diese Leistungen abzuklären,
     
  • in Zusammenarbeit mit den Rehabilitationsträgern und den Integrationsämtern, die für den schwerbehinderten Menschen benötigten Leistungen zu klären und bei der Beantragung zu unterstützen.
     

Die gesetzlichen Regelungen zum Integrationsfachdienst sind in den §§ 192-198 des SGB IX festgehalten. Weitere Informationen erhältst Du auf der Seite der BIH.
 

Unterstützte Beschäftigung

Das Konzept Unterstützte Beschäftigung zielt darauf ab, Menschen mit Behinderung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren, indem ihnen individuelle und langfristige Hilfen zur Verfügung gestellt werden. Als Zielgruppe gelten Arbeitnehmer mit unterschiedlichen Behinderungsformen, die ohne Unterstützung keinen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bekommen und behalten könnten, eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen jedoch nicht benötigen. 

Die Maßnahme „Unterstützte Beschäftigung“ läuft in zwei Phasen ab: zunächst verfolgt die „individuelle betriebliche Qualifizierung“ (InbeQ) das Ziel eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses. 
Diese erste Phase kann bis zu 2 Jahre dauern und wird in der Regel von den Agenturen für Arbeit finanziert. Die Qualifizierung und Einarbeitung des Arbeitnehmers findet nicht außerhalb, sondern direkt am entsprechenden Arbeitsplatz statt. 
Nach erfolgreicher Vermittlung kann in der zweiten Phase eine Berufsbegleitung durch den zuständigen Integrationsfachdienst zur Verfügung gestellt werden, um die Sicherung des Arbeitsplatzes zu gewährleisten. Auch eine berufliche Weiterentwicklung wird nach Möglichkeit in Betracht gezogen und unterstützt.

Die Unterstützte Beschäftigung ermöglicht es, Menschen mit Behinderung längerfristig in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren und ihnen somit einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz zu bieten. Es werden individuelle Fähigkeiten und Neigungen des Arbeitnehmers berücksichtigt, und durch ständige Begleitung dessen Verbleib im Arbeitsverhältnis gesichert.

Die rechtlichen Regelungen dazu findest Du im § 55 SGB IX. Weitere Informationen zur Unterstützten Beschäftigung erhältst Du auf der Seite der Bundesarbeitsgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung e.V..
 

Arbeitsassistenz

Die Arbeitsassistenz ist eine finanzielle Leistung des Integrationsamts für Menschen mit Schwerbehinderung und dient der Teilhabe am Arbeitsleben. Die finanzielle Leistung gibt es für Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung eine Hilfestellung bei der Arbeitsausführung benötigen, ansonsten aber in der Lage sind, ihre arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen.

Organisiert und angeleitet wird die Assistenzkraft vom Menschen mit Schwerbehinderung selbst. 

Grundsätzlich gibt es hierfür drei Möglichkeiten:

  • Der Mensch mit Behinderung stellt selbst eine Assistenzkraft ein (Arbeitgebermodell)
     
  • Der Mensch mit Behinderung beauftragt einen Anbieter von Assistenzdienstleistungen mit der Arbeitsassistenz (Dienstleistungsmodell)
     
  • Der Mensch mit Behinderung tritt die Mittel, die er erhält, an den Arbeitgeber ab und der Arbeitgeber stellt dann die Arbeitsassistenz zur Verfügung

Voraussetzung für die Arbeitsassistenz ist, dass es sich um eine notwendige arbeitsplatzbezogene Unterstützung handelt. Dies ist immer dann der Fall, wenn weder die behinderungsgerechte Arbeitsplatzgestaltung noch eine vom Arbeitgeber bereitgestellte personelle Unterstützung (z. B. Arbeitskollegen) ausreichen, sodass der Mensch mit Schwerbehinderung wettbewerbsfähige Arbeit leisten kann. 
Beispiele für eine Arbeitsassistenz sind:

  • Persönliche Assistenz für schwer körperbehinderte Menschen, 
     
  • eine Vorlesekraft für blinde Menschen und Menschen mit einer starken Sehbehinderung oder
     
  • Gebärdendolmetscher für gehörlose Menschen

Weitere Informationen findest Du auf der Seite einfach-teilhaben.de des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und im Fachlexikon der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH).
 

Finanzielle Leistungen

Das Integrationsamt stellt Menschen mit Schwerbehinderung und deren Arbeitgebern finanzielle Mittel zur Verfügung. Diese stammen aus den Ausgleichsabgaben und haben das Ziel, die Teilhabe von Menschen mit Schwerbehinderung am Arbeitsleben zu fördern. Rechtsgrundlage ist hierfür neben dem SGB IX die Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV).

Finanzielle Hilfen für Menschen mit Schwerbehinderung gibt es z. B.:

  • für technische Arbeitshilfen (z. B. geeignete Sitzmöbel, Lesegeräte, Schreibtelefone für den Arbeitsplatz)
     
  • zum Erreichen des Arbeitsplatzes: Leistungen zur Erlangung der Fahrerlaubnis, zur Beschaffung und zur behinderungsbedingten Zusatzausstattung eines Kfz; außerdem gibt es auch die Übernahme von Beförderungskosten, wenn die Person mit Schwerbehinderung kein eigenes Fahrzeug oder öffentliche Verkehrsmittel benutzen kann
     
  • zur wirtschaftlichen Selbständigkeit (Darlehen zur Existenzgründung)
     
  • zur Beschaffung, Ausstattung und Erhaltung einer behinderungsgerechten Wohnung, wenn dies der beruflichen Eingliederung dient
     
  • zur Teilnahme an Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten
     
  • in besonderen behinderungsbedingten Lebenslagen
     
  • Diese Leistungen können jedoch nur im Zusammenhang mit Erlangung, Erhalt oder Sicherung des Arbeitsplatzes gewährt werden.


Finanzielle Hilfe für Arbeitgeber von Menschen mit Schwerbehinderung gibt es im Wesentlichen:

  • zur behinderungsgerechten Einrichtung und Unterhaltung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Schwerbehinderung (z. B. Betriebsvorrichtungen, Maschinen, Gerätschaften)
     
  • zur Ausstattung des Arbeits- und Ausbildungsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen
     
  • zum Ausgleich außergewöhnlicher Belastungen, die mit der Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung verbunden sind (z. B. Lohnkostenzuschuss, Übernahme von Betreuungskosten, Aufwendungen für Blindenvorlesekräfte, Gebärdensprachdolmetscher usw.)

Außerdem kann das Integrationsamt Arbeitgebern finanzielle Leistungen zur Schaffung neuer Arbeits- und Ausbildungsplätze gewähren. Die Arbeitsagentur kann zusätzlich zu diesen Investitionskostenübernahmen Lohn- und Gehaltskostenzuschüsse zahlen.Auf der Seite der BIH findest Du weitere Informationen zu finanziellen Leistungen an Arbeitgeber und finanzielle Leistungen an Arbeitnehmer.

Darüber hinaus gibt es seit dem 01.01.2022 für Arbeitgeber einheitliche Anlaufstellen (§ 185a SGB IX). Diese informieren, beraten und unterstützen Arbeitgeber bei der Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von Menschen mit schwerer Behinderung. Die Integrationsämter beauftragen dafür Integrationsfachdienste oder andere geeignete Träger, als Anlaufstellen verfügbar zu sein. 

Kündigungsschutz 

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses schwerbehinderter Menschen durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Das Integrationsamt ermittelt im Einzelnen den Sachverhalt, bevor es eine Entscheidung trifft. Vorrangiges Ziel ist es, einvernehmlich die Weiterbeschäftigung zu erreichen. Vielfach kann durch frühzeitig einsetzende begleitende Hilfe des Integrationsamts einer Kündigung vorgebeugt werden. Die gesetzlichen Regelungen zum Kündigungsschutz findest Du in den §§ 168-175 des SGB IX. Die Ausnahmen, wann eine Kündigung auch ohne Zustimmung des Integrationsamtes zulässig sein kann, finden sich im § 173 SGB XI. Darunter fällt beispielsweise eine Kündigung in der Probezeit.

Zusatzurlaub

Menschen mit Schwerbehinderung haben Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von einer Arbeitswoche (regelmäßige Arbeitstage in einer Kalenderwoche) im Urlaubsjahr. Dies ist im § 208 des SGB IX festgelegt.

Freistellung von Mehrarbeit 

Auf Wunsch können Menschen mit Schwerbehinderung von Mehrarbeit freigestellt werden (§ 207 des SGB IX).

Beschäftigungspflicht und sonstige Pflichten der Arbeitgeber

Die Beschäftigungspflicht und weitere Pflichten der Arbeitgeber sind in den §§ 154-167 des SGB IX geregelt. Diese legen fest, dass Arbeitgeber, die jahresdurchschnittlich mindestens 20 Mitarbeiter beschäftigen, verpflichtet sind, mindestens 5 % der Arbeitsplätze mit Menschen mit Schwerbehinderung zu besetzen, darunter in angemessenem Umfang auch besonders schwer Betroffene. 
Erfüllen die Arbeitgeber diese Quote nicht, müssen sie für jeden nicht besetzten Arbeitsplatz eine Abgabe, die sogenannte Ausgleichsabgabe, in Höhe von 140 – 720 € (Stand: 2024) pro Monat an das Integrationsamt zahlen. Diese Mittel ermöglichen es dem Integrationsamt, Hilfen für die Arbeits- und Berufsförderung schwerbehinderter Menschen zu gewähren.

Die Arbeitgeber sind zudem verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, die bei der Arbeitsagentur arbeitslos gemeldet sind, besetzt werden können. Bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung sind Menschen mit Schwerbehinderung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens bevorzugt zu berücksichtigen.

Die Arbeitgeber sind auch dazu verpflichtet, den Arbeitsplatz mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen auszustatten und auch die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen zu fördern.

Schwerbehindertenvertretung

In Betrieben und Dienststellen mit wenigstens fünf schwerbehinderten Menschen werden Schwerbehindertenvertretungen gewählt (§§ 176-183 des SGB IX).

Aufgabe der Vertrauenspersonen ist es, über die Einhaltung der zugunsten schwerbehinderter Menschen geltenden Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen zu wachen, Schwerbehinderten beratend und helfend zur Seite zu stehen und ihre Eingliederung in den Betrieb oder die Dienststelle zu fördern.

Weiterführende Informationen
Quellenverzeichnis
Bildquellen