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Diagnose Tuberöse Sklerose - und nun?
Stand: 25.04.2025
Vielleicht bist Du hier gelandet, weil dein Kind die Diagnose Tuberöse Sklerose erhalten hat. Vielleicht suchst Du auch einfach nach Informationen zu diesem Thema. Im Folgenden erhältst Du einen ersten Überblick zur Diagnose Tuberöse Sklerose und bekommst einige Informationen. Außerdem bekommst Du ein paar Tipps, wie Du dein Kind unterstützen kannst. Es gibt Merkmale die häufiger bei einer Diagnose auftreten, Du solltest jedoch immer beachten, dass jedes Kind unterschiedlich ist.
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Falls es noch nicht lange her ist, dass Du diese Diagnose für dein Kind erhalten hast, empfehlen wir dir zu Beginn den Fachbeitrag "Dein Kind hat eine Behinderung? Erste Informationen und Anlaufstellen." zu lesen oder unser Video "Eine Diagnose - vom Suchen und Finden." auf YouTube anzuschauen. In diesen bekommst Du wichtige Informationen und Hinweise zu den ersten Schritten nach einer Diagnosemitteilung.
Was ist Tuberöse Sklerose?
Tuberöse Sklerose ist eine genetisch bedingte Multisystemerkrankung, bei der es ein unkontrolliertes Zellwachstum gibt und gutartige Tumore an verschiedenen Organen wachsen können. Die gutartigen Tumore streuen zwar nicht, sie können jedoch die Funktionen des betreffenden Organs beeinflussen. Es ist bei jedem Betroffenen individuell, an welchen Organen diese Wucherungen auftreten und in welcher Größe. Deshalb entsteht eine große Bandbreite an möglichen Symptomen und Schweregraden der Ausprägung.
Daher wird die Tuberöse Sklerose auch als „Krankheit mit vielen Gesichtern“ bezeichnet. Weil sie so vielseitig sein kann, wird sie auch Tuberöse Sklerose Komplex genannt und oft mit TSC (für Englisch „Tuberous Sclerosis Complex“) abgekürzt. In den meisten Fällen geht TSC mit Entwicklungsstörungen, Lernbeeinträchtigungen, Sprachproblemen und Bewegungseinschränkungen einher. Bei vielen Betroffenen treten auch epileptische Anfälle auf.
Wie entsteht Tuberöse Sklerose?
Durch eine genetische Mutation, also Veränderung, des TSC1- oder TSC2-Gens, wachsen die gutartigen Tumore unkontrolliert an verschiedenen Organen. Etwa 1 von 5.000 - 10.000 Neugeborenen sind von TSC betroffen. Bei einem Drittel wird dies von einem der Elternteile an die Kinder vererbt. Bei den restlichen zwei Dritteln tritt diese Genmutation zufällig auf.
Wie führt diese Genveränderung zu den Wucherungen an den Organen?
Auf den Genen ist beschrieben, was im menschlichen Körper wie funktioniert. Das kann man sich vorstellen wie eine Bauanleitung für den Körper. Wenn nun Informationen in dieser Anleitung abgeändert sind, kann es zu bemerkbaren Abweichungen am Organismus kommen. Bei der TSC sind die Informationen betroffen, die das Zellwachstum steuern. Aus diesem Grund können zusätzliche Fett-, Muskel- oder Bindegewebszellen wachsen. Das ist an verschiedenen Organen möglich. Je nachdem, welche Organe in welchem Ausmaß bewachsen sind, können unterschiedlichste Symptome auftreten.
Was sind Merkmale bei Tuberöser Sklerose?
Im Folgenden werden die häufig betroffenen Organe und die damit verbundenen Symptome und weitere Auswirkungen aufgeführt. Das heißt nicht, dass Symptome immer vorkommen müssen. Jeder Betroffene ist individuell. Welche Organe betroffen sind und welche Auswirkungen dadurch entstehen ist von Person zu Person unterschiedlich. Es ist auch möglich, dass die Beeinträchtigungen kaum oder erst nach Jahren bis Jahrzehnten bemerkt werden. Einen Überblick über mögliche Symptome kann in der Orientierungsphase nach der Diagnose helfen und dazu beitragen, dass eventuelle Problemlagen frühzeitig entdeckt und behandelt werden können.
Das Gehirn, die Haut und die Nieren sind die Organe, die in den meisten Fällen beeinträchtigt sind und die den größten Einfluss auf den Betroffenen haben.
Gehirn
Es können unterschiedliche Veränderungen im Gehirn auftreten. Vor allem bei andauernden Kopfschmerzen, morgendlichem Erbrechen, plötzlichen Sehstörungen, Unruhe und Schläfrigkeit sollte hier erhöhte Vorsicht geboten sein und umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Diese Symptome können Anzeichen für erhöhten Hirndruck sein.
- Epilepsie: Veränderungen im Bereich der Hirnrinde können zur Auslösung von epileptischen Anfällen führen. Ein einziger Anfall ist noch keine Epilepsie. Erst bei wiederholtem Auftreten von Anfällen ist von Epilepsie die Rede. Epilepsie ist eine der häufigsten Krankheitserscheinungen, die oft den ersten Hinweis auf TSC gibt. Etwa 75 – 90 % aller Menschen mit TSC bekommen eine Epilepsie. Das Ausmaß und die Schwere der Epilepsie können sehr unterschiedlich sein und werden in der Regel mit Medikamenten behandelt.
- kognitiver Bereich: Die Symptome, also die krankheitsbedingten Erscheinungsformen der TSC, sind sehr unterschiedlich und vielfältig. Daher kann man keine generellen Rückschlüsse auf die geistige Entwicklung des Kindes ziehen. Bei rund der Hälfte der Betroffenen ist eine geistige Behinderung vorhanden. Eine geistige Behinderung hat sehr unterschiedliche Schweregrade von leichter, mittlerer bis zu schwerer geistigen Behinderung.
Von den Personen, die TSC und eine geistige Behinderung haben, können ungefähr zwei Drittel nicht sprechen. Das heißt aber nicht, dass sie sich nicht auf anderen Wegen, beispielsweise mit Hilfe „Unterstützter Kommunikation“ mitteilen können. 20 % der Menschen mit TSC und einer geistigen Behinderung haben einen hohen Unterstützungsbedarf. Es gibt aber auch Personen mit TSC, die weniger Unterstützung benötigen und ein sehr selbstständiges Leben führen können.
- Auffälligkeiten im Verhalten: Bei Menschen mit TSC treten vermehrt Verhaltensauffälligkeiten auf. Die Art und Weise, wie Menschen mit TSC auf ihre Mitmenschen zugehen oder mit ihnen umgehen, kann anders sein als bei nicht Betroffenen. Deshalb wirken manche Reaktionen von TSC-Patienten für Außenstehende unangebracht oder unerwartet.
Oft treten in Verbindung mit TSC Schlafprobleme auf. Ausreichend Schlaf ist wichtig für die seelische und körperliche Gesundheit und für ein ausgeglichenes Verhalten. Außerdem kann Schlafmangel die Wahrscheinlichkeit für epileptische Anfälle erhöhen. Das kann an den Kräften des Betroffenen und der Eltern zehren.
Häufig wird im Zusammenhang mit der TSC auch eine Autismus-Spektrum-Störung oder ein Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) festgestellt.
Haut
Fast alle Menschen mit TSC weisen Veränderungen an der Haut auf. Diese sind zwar nicht gefährlich, können aber ungewohnt aussehen. Deshalb ist dem Thema mit hoher Sensibilität entgegen zu treten und sollte ernst genommen werden.
Nieren
Nach Veränderungen an Gehirn und Haut sind die gutartigen Tumore an den Nieren die dritthäufigste Erscheinung bei TSC. Diese sind zwar im Kindesalter meist relativ selten und klein, können aber mit steigendem Alter wachsen und mit zunehmender Größe zu Problemen führen. Um Veränderungen frühzeitig zu erkennen, sollten ab der Diagnosestellung regelmäßig Untersuchungen durchgeführt und mit einem Spezialisten für TSC und Nierenerkrankungen besprochen werden.
Des Weiteren treten auch oft Veränderungen an Organen wie Lunge, Herz, Zähne und Zahnfleisch sowie an den Augen auf.
Eine genaue Auflistung der Krankheitsmerkmale findest Du auf der Seite des Tuberöse Sklerose Deutschland e. V..
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Die Behandlungen sind immer genau auf das Kind abzustimmen. Je nach betroffenem Organ, sind verschiedene Fachärzte, Medikamente oder Therapien sinnvoll. Um Veränderungen immer im Blick zu haben und Komplikationen zu vermeiden, sind in allen Bereichen regelmäßige Kontrolluntersuchungen notwendig.
Es gibt auch Zentren, die besonders auf TSC spezialisiert sind. Wo diese zu finden sind und was dort für Leistungen angeboten werden, kannst Du ebenfalls auf der Seite des Tuberöse Sklerose Deutschland e. V. nachlesen.
Bei medikamentösen Behandlungen sollte man sich bewusst sein, dass diese oftmals mit Nebenwirkungen verbunden sind, die sich auf das Befinden und Verhalten des Betroffenen auswirken können. Deshalb braucht man viel Zeit und Geduld, bis die passende Einstellung an Medikamenten gefunden worden ist. Die konsequente Einnahme ist notwendig, um den Körper des Kindes nicht zusätzlich durcheinander zu bringen und eine bestmögliche Wirkung zu erzielen. Die Tuberöse Sklerose ist aktuell noch nicht heilbar.
Was bedeutet die Tuberöse Sklerose für den Alltag?
Die größten Auswirkungen auf die Tagesplanung können - je nach Schwere - eine geistige Behinderung, epileptische Anfälle und Verhaltensauffälligkeiten sein. Davon hängt ab, wie selbstständig das Kind im Alltag ist und welche Unterstützung benötigt wird. Dies kann je nach Tagesform sehr unterschiedlich sein.
Um dein Kind optimal versorgen und fördern zu können, ist die Zusammenarbeit mit Fachkräften und Behörden wichtig. Als oberstes Ziel sollte stets die Verbesserung der Lebensqualität deines Kindes stehen. Damit sind sowohl die bestmögliche Unterstützung von Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein, als auch der Abbau von Abhängigkeiten gemeint.
Das kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen und sich gegenseitig absprechen. Dies erfordert eine offene Kommunikation und viel Zeit. Um im Alltag Sicherheit und Orientierung zu schaffen, bieten sich feste Strukturen, Rituale und Tagesabläufe an. Denn alles Neue und Unerwartete, kann Unruhe schaffen. Im Alltag sollte für den Betroffenen auch immer eine Möglichkeit für Erholung und ein Alternativplan bedacht werden. Die Eltern sollten sich Phasen der Entspannung beziehungsweise des Ausgleiches zugestehen und - wenn es möglich ist - die Betreuung des Kindes zeitweise abgeben, um Energie und Kraft zu tanken. Am wichtigsten ist jedoch, dass man als Familie einen Alltag und einen Weg findet, der zu einem selbst passt. Dabei sollte man sich nicht zu sehr mit anderen vergleichen, sondern sich über die eigenen Fortschritte freuen - auch über die kleinen.
Wenn man die Diagnose „Tuberöse Sklerose“ erhält, entstehen viele Fragen. Doch gerade die Komplexität der Krankheit macht die Antworten auf diese Fragen so schwer und Vorhersagen nicht möglich. Unter Umständen werden Erfahrungen gemacht, die von den Erwartungen abweichen.
Das bedeutet jedoch nicht, dass das nur belastende Momente sein müssen, sondern ebenso auch Erlebnisse, an denen man wachsen und neue Blickwinkel auf sein Leben bekommen kann.
Weiterführende Informationen
- Auf der Seite des TSC Zentrums der LMU München
- Auf der Seite des Elternvereins TSD e. V.
- Tuberöse Sklerose Zentren in ganz Deutschland findest Du ebenfalls auf der Seite des TSD e. V.
- Informationen und Spezialsprechstunde auf der Seite der Charité Berlin
- In diesem Video von selpers auf YouTube spricht eine Expertin über die Therapie der Tuberösen Sklerose
Quellenverzeichnis
- Ebrahimi-Fakhari, D., Müller, C. S. L., et al. (2017). Tuberöse Sklerose im Kindes- und Jugendalter. In Monatsschrift Kinderheilkunde (8/17).
- Haas & Health Partner für Novartis Pharma GmbH (2017): Tuberöse Sklerose - selten & komplex. In epiKurier (2), 2–4.
- Rott, H.-D. (2007). Tuberöse Sklerose. Verlags- und Werbegesellschaft für politische Meinungsbildung mbH.
- http://tsdev.info/92001/Uploaded/shoffmann|Einsteiger-Broschre_Literaturverweise_small.pdf
- http://tsdev.info/deutsch/tsc-infomaterial/tsc-informationsblaetter/91,167,92001,verlinkung.html
- https://www.tsdev.org/
Bildquellen
- https://de.123rf.com/lizenzfreie-bilder/74913839.html?oriSearch=tuber%C3%B6se+sklerose+74913839&imgtype=1&sti=lqrqrynuo2z0je9qsy|&mediapopup=74913839