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Diagnose Toxoplasmose - und nun?
Stand: 23.04.2025
Du bist vielleicht auf dieser Seite gelandet, weil Du beziehungsweise dein (ungeborenes) Kind die Diagnose „Toxoplasmose“ erhalten hat. Sicherlich hast Du gerade viele Fragen, auf die Du Antworten brauchst. Wir möchten dich im Folgenden mit all dem informieren und ausstatten, was Du fürs Erste wissen musst. Hier erfährst Du alles rund um Toxoplasmose, Du erhältst konkrete Hilfestellungen und Kontaktdaten von Ansprechpartnern.
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Falls es noch nicht lange her ist, dass Du diese Diagnose für dein Kind erhalten hast, empfehlen wir dir zu Beginn den Fachbeitrag "Dein Kind hat eine Behinderung? Erste Informationen und Anlaufstellen." zu lesen oder unser Video "Eine Diagnose - vom Suchen und Finden." auf YouTube anzuschauen. In diesen bekommst Du Informationen und Hinweise zu den ersten Schritten nach einer Diagnosemitteilung.
Toxoplasmose – was ist das?
Toxoplasmose ist eine Infektionskrankheit, die durch den einzelligen Erreger Toxoplasma gondii ausgelöst wird. Dieser Erreger befällt Säugetiere und Vögel und kann auf den Menschen übertragen werden. Solche Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragbar sind, heißen Zoonosen.
Der Hauptwirt für Toxoplasma gondii ist die Katze. Im Dünndarm der Katze entwickeln sich aus männlichen und weiblichen Erregern sogenannte Vorstadien (Oozysten). Diese werden über den Kot der Katze ausgeschieden. Man erkennt oft nicht, ob die Katze erkrankt ist. Die Oozysten benötigen 1 bis 4 Tage Luft, Feuchtigkeit und Wärme, um sich weiter zu entwickeln. Erst nach dieser Zeitspanne können sie für eine Dauer von mehreren Monaten eine Infektion auslösen. Direkt über den Kot oder durch Wind und Staub werden die Oozysten auf Gemüse, Obst und Gräser übertragen. Hier können sich Tiere, insbesondere Schweine und Schafe mit Toxoplasmen infizieren. In ihrem Muskelgewebe und im Gehirn bilden sich dann harte, widerstandsfähige Dauerstadien (Zysten), die mit Toxoplasmose-Erregern gefüllt sind.
Wie steckt man sich mit Toxoplasmose an?
Beim Verzehr von rohem oder unzureichend gegartem Fleisch (beispielsweise Tartar, Mett, Räucherfleisch, Rohwurst, blutiges Steak, Hamburger) können die Erreger von Toxoplasma gondii vom Menschen aufgenommen werden. Ebenso kann eine Infektion durch den Verzehr von unzureichend gewaschenem Gemüse, kontaminiertem Wasser, durch Schmierinfektionen bei der Gartenarbeit oder beim Säubern des Katzenklos erfolgen.
Woran merke ich, dass ich mich angesteckt habe?
Nach einer Inkubationszeit (Zeitdauer von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit) von rund 1 bis 3 Wochen bricht die Krankheit aus. Bevorzugt wird ein Teil des menschlichen Immunsystems befallen. Durch fortschreitende Zellteilung entsteht aus der befallenen Zelle eine Pseudozyste, diese zerfällt und gibt dadurch die Erreger frei. Mit dem Blut verteilen sie sich über den ganzen Körper und bilden neue Zysten im Gewebe. Das Immunsystem des Menschen reagiert darauf, indem es beim Erstbefall (primäre Infektion) Antikörper produziert. Diese bekämpfen die Erreger und sind bis zum Lebensende vorhanden. Der Körper kann somit bei erneuten Infektionen (sekundäre Infektionen) mit Toxoplasmen sofort reagieren. Der Mensch wird also immun.
Bei gesunden Menschen, auch bei Schwangeren, verläuft die Infektion in über 90 % der Fälle symptomlos (Toxoplasma-Infektion), seltener mit Krankheitserscheinungen (Toxoplasmose). Etwa 70 % der Mitteleuropäer weisen Toxoplasmose-Antikörper auf, ohne zu wissen, dass sie einmal mit Toxoplasmen infiziert wurden.
Bei der Toxoplasmose sind zwei Formen zu unterscheiden: Die pränatale/konnatale (vor der Geburt erworbene) und die postnatale (nach der Geburt erworbene) Toxoplasmose.
Bei der nachgeburtlich erworbenen Toxoplasmose kommt es bei Personen mit gesundem Immunsystem nach der Inkubationszeit zu allgemeinen Krankheitssymptomen, die nicht direkt auf Toxoplasmose schließen lassen: leichtes Fieber, Mattigkeitsgefühl, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen und manchmal Durchfall. Auch Schwellungen der Lymphknoten im Nackenbereich können auftreten. Die Infektion heilt normalerweise ohne Komplikationen und Folgen ab.
Bei immunschwachen Personen (beispielsweise Menschen die an AIDS erkrankt sind oder eine Knochenmarkstransplantation erhalten haben) können alle Organe, insbesondere das Gehirn betroffen sein. In diesem Fall ist eine medikamentöse Behandlung mit Antibiotika dringend notwendig.
Was bedeutet eine Infektion mit Toxoplasmose für mein ungeborenes Kind?
Infiziert sich eine Frau in der Schwangerschaft erstmalig, so kann das ungeborene Kind durch die Plazenta mit Toxoplasmose geschädigt werden. Häufig infizieren sich gerade die Schwangeren, die keine Katze zuhause haben. Katzenbesitzerinnen infizieren sich meist schon früher und sind dann immun gegen Toxoplasmose, die Gefahr für das Kind ist gering.
In rund 50 % der Fälle werden die Krankheitserreger in der Schwangerschaft über die Plazenta von der erstmalig infizierten Mutter auf das ungeborene Kind übertragen. Eine Infektion ist im ersten Drittel der Schwangerschaft unwahrscheinlicher, im Verlauf der Schwangerschaft steigt das Übertragungsrisiko. Es kommt zur konnatalen Toxoplasmose. Diese kann schwerwiegende Folgen für das Kind haben.
Infektionen in der frühen Schwangerschaft können Schäden an fast allen Organen, vor allem am Gehirn, hervorrufen und es kann dadurch zu Fehl- oder Totgeburten kommen. Je nach Infektionszeitpunkt und Schwere der Erkrankung können auch Symptome wie Hydrocephalus, Kalkablagerungen im Gehirn oder Entzündungen der Augeninnenhaut auftreten.
Durch eine Infektion können bei den Kindern gewisse Folgeerscheinungen auftreten. Kinder, die mit Toxoplasmose auf die Welt kommen, sind häufig betroffen von Infektionen der Augen, Gelbsucht, Leber- und Milzvergrößerung, Lungenentzündung, Krämpfen oder Gerinnungsstörungen. Einige dieser Neugeborenen haben eine stark verkürzte Lebenserwartung. Bei ungefähr der Hälfte der Kinder, die bei der Geburt keine Anzeichen einer Erkrankung aufweisen, können noch nach Jahren Spätfolgen wie Entwicklungsverzögerungen, eine geistige Behinderung, Aufmerksamkeitsstörungen, Gehörschäden, Augenveränderungen oder eventuell eine Erblindung auftreten.
Was passiert bei einer Infektion?
Bei Verdacht auf eine Toxoplasmose-Infektion entnimmt der Arzt eine Blutprobe und untersucht sie auf Toxoplasmose-Antikörper. Schon nach etwa einer Woche ist ein Nachweis der Antikörper möglich. War die Schwangere bereits vor der Schwangerschaft infiziert, weist sie Antikörper auf und es besteht kaum Gefahr für das Ungeborene. Wies die Frau vor der Schwangerschaft keine Antikörper auf und nun sind sie vorhanden, hat sie sich kürzlich mit Toxoplasmose infiziert und das Kind kann angesteckt werden.
Eine Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) kann ab der 18. Schwangerschaftswoche klären, ob die Erreger das Kind überhaupt erreicht haben und ob eine Behandlung notwendig ist. In Ausnahmefällen kann auch das Blut aus der Nabelschnur untersucht werden. Eine erweiterte Ultraschalluntersuchung gibt Auskunft darüber, ob schon Organveränderungen vorliegen.
Neugeborene können auch über eine Blutuntersuchung auf Toxoplasmose getestet werden. Bei drei von 1000 Lebendgeburten wird eine pränatale Infektion festgestellt. Außerdem ist ein direkter Nachweis der Erreger in Gewebeproben aus verschiedenen Organen (Lymphknoten, Gebärmutter) möglich.
Bei nachgewiesener Infektion, die jedoch keine Krankheitssymptome hervorruft, ist keine Behandlung notwendig. Bei Auftreten von Krankheitszeichen, besonders bei immungeschwächten Patienten, ist eine Behandlung mit Antibiotika durch einen Arzt notwendig.
Liegt eine akute Infektion einer Schwangeren vor, muss diese ab der 16. Schwangerschaftswoche über mindestens 4 Wochen medikamentös mit Antibiotika behandelt werden, auch wenn sie selbst keine Krankheitssymptome zeigt. Damit kann eine Ansteckung des Kindes verhindert werden. Wenn eine Infektion beim neugeborenen Kind festgestellt wird, kann es ebenfalls behandelt werden. Zeigt das Kind nach einer nachgewiesenen Infektion mit Toxoplasmose Symptome, ist teilweise eine längere medikamentöse Therapie notwendig, um Spätfolgen und ein Wiederauftreten der Krankheit zu vermeiden.
Was kann ich tun?
Wenn Du nicht weißt, ob Du gegen Toxoplasmose immun bist, solltest Du einen Blutest am besten vor oder sonst auch in der Schwangerschaft vornehmen lassen. Dieser wird von den Krankenkassen leider nur noch bei Verdacht auf Toxoplasmose bezahlt, dennoch ist eine solche Untersuchung sinnvoll, da die Krankheit schwerwiegende Folgen haben kann, aber auch gut zu behandeln ist. Der Test gilt als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) und kostet in der Regel zwischen 16,90 € und 20,40 € (zusätzlich können noch die Laborkosten anfallen). Auf der Seite igel-monitor.de kannst Du mehr über diese Leistung erfahren und wie sie von Fachleuten eingeschätzt wird.
Sind Antikörper im Blut nachweisbar, ist die Schwangere immun und selbst bei einer sekundären Infektion während der Schwangerschaft ist das Risiko für das ungeborene Kind gering. Sind keine Antikörper vorhanden, sollte dieser Test während der Schwangerschaft wiederholt werden, um eine Neuinfektion frühzeitig zu erkennen.
Gelingt mit dem verfügbaren Abklärungsverfahren der Blutserum-Untersuchung eine eindeutige Bestimmung des Infektionsstadiums anhand der Antikörper nicht, so kann im Rahmen eines Toxoplasma-Abklärungsverfahrens genauer untersucht werden. Zum Beispiel ist es möglich, die Avidität von IgG-Antikörpern zu untersuchen. Hierbei wird die Bindungsstärke zwischen Antikörper und Antigen untersucht. Anhand dieser Untersuchung lässt sich ein möglicher Infektionszeitraum bestimmen und gegebenenfalls eine Infektion während der Schwangerschaft ausschließen. Wenn der erste Test also fehlschlägt, gibt es noch einen weiteren Test, mit dem genauer nachgeprüft werden kann.
Wie kann ich eine Infektion verhindern?
Folgende Verhaltensregeln können eine Infektion verhindern und sollten daher beherzigt werden:
- Verzichte auf den Verzehr von rohem oder ungenügend erhitztem Fleisch (beispielsweise Tartar, Mett, Räucherfleisch, Rohwurst, blutiges Steak, Hamburger) in der Schwangerschaft; schon ein einmaliges Abschmecken des rohen Fleisches reicht zur Infektion.
- Wasche Gemüse, Obst und Salat vor dem Verzehr gründlich.
- Bei +4°C (Kühlschrank) bleiben die Zysten bis zu drei Wochen lang lebensfähig! Einfrieren (bis -21°C) und Erhitzen (20 min bei Kerntemperatur von mindestens 50°C) tötet die Parasiten ab.
- Wasche dir nach dem Kontakt mit rohem Fleisch und Gemüse sowie nach der Gartenarbeit oder nach der Berührung von Katzen die Hände gründlich mit Seife.
- Wird die Katze nicht mit rohem Fleisch gefüttert und geht sie nicht jagen, besteht keine Infektionsgefahr.
- Ob die Katze Überträger von Toxoplasmose ist, kann der Tierarzt feststellen. Rund 70% aller Katzen infizieren sich früher oder später mit Toxoplasmose! Bist Du nicht sicher, ob deine Katze Toxoplasmose-Erreger überträgt, musst Du die Katze NICHT weggeben, sondern füttere die Katze nach Möglichkeit mit Dosen- und Trockenfutter, vermeide die Aufnahme von Frischfleisch.
- Achte auf einen hygienischen Umgang mit Katzen, beispielsweise solltest Du das Tier nicht küssen,
- lasse das Katzenklo täglich von jemandem anderem mit heißem Wasser (mindestens 70 °C) ausspülen, um eine Reifung der Vorstadien zu verhindern.
- wenn Du das Katzenklo selbst reinigst, dann trage Gummihandschuhe dabei.
- Stelle das Katzenklo möglichst weit von den Wohnräumen entfernt auf und halte es etwas feucht, damit kein getrockneter Kot in die Luft gelangen kann.
- lasse das Katzenklo täglich von jemandem anderem mit heißem Wasser (mindestens 70 °C) ausspülen, um eine Reifung der Vorstadien zu verhindern.
Wo finde ich Hilfe?
In Deutschland kannst Du dich vor allem auf der Internetseite des Robert-Koch-Instituts ausführlich über Toxoplasmose informieren. Dort findest Du zahlreiche Informationen zu Infektionswegen, Ansteckungszeit, Symptomatik, Diagnostik und Therapie. Auch in dem Ratgeber des Bundesinstituts für Risikobewertung (PDF-Download) findest Du viele Verbrauchertipps zum Schutz vor Toxoplasmose.
Ebenso wird dein Frauenarzt dich sicherlich gut beraten können und dir Informationsmaterialien mitgeben. Bei deinem Frauenarzt kann auch der Antikörper-Suchtest durchgeführt werden.
Weiterführende Informationen
- Unser Fachbeitrag zum Thema Pränataldiagnostik
- Ein Video in der ARD Mediathek „Toxoplasmose - Übertragung“ aus der Sendung Planet Wissen
- Der FUNK Beitrag von Babystories: Toxoplasmose verhindern - Tipps zu Sport & Ernährung in der Schwangerschaft in der ARD Mediathek
- Das PDF-Dokument zum Thema Toxoplasmose (PDF-Download) des Bundesamtes für Risikobewertung
- Der RKI Ratgeber zum Thema Toxoplasmose
Quellenverzeichnis
- Bühling, K.J. (2017). Der Schwangerschaftsratgeber. akademos Wissenschaftsverlag.
- http://www.bfr.bund.de/cm/350/verbrauchertipps_schutz_vor_toxoplasmose.pdf
- https://www.igel-monitor.de/igel-a-z/igel/show/toxoplasmose-test-bei-schwangeren.html
- https://www.lgl.bayern.de/tiergesundheit/tierkrankheiten/parasitosen/toxoplasmose/
- https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Toxoplasmose.html#doc2390224bodyText7
Bildquellen
- https://de.123rf.com/lizenzfreie-bilder/toxoplasmose.html?oriSearch=spina+bifida&sti=n7cycjc2akw09xpzjj|&mediapopup=101716974