Diagnosen
Diagnose Hydrocephalus - und nun?
Stand: 03.07.2024
Vielleicht bist Du hier gelandet, weil dein Kind die Diagnose Hydrocephalus erhalten hat. Vielleicht suchst Du auch einfach nach Informationen zu diesem Thema. Im Folgenden erhältst Du einen ersten Überblick und bekommst einige hilfreiche Informationen. Auch wenn jedes Kind ganz unterschiedlich ist, gibt es Merkmale, die bei der Diagnose häufig vorkommen. Außerdem bekommst Du Tipps, wie Du dein Kind unterstützen kannst.
Bildquelle: © Sohel Parvez Haque/ 123RF.com
Falls es noch nicht lange her ist, dass Du diese Diagnose für dein Kind erhalten hast, empfehlen wir dir zu Beginn den Fachbeitrag "Dein Kind hat eine Behinderung? Erste Informationen und Anlaufstellen." zu lesen oder unser Video "Eine Diagnose - vom Suchen und Finden." auf YouTube anzuschauen. In diesen bekommst Du wichtige Informationen und Hinweise zu den ersten Schritten nach einer Diagnosemitteilung.
Hydrocephalus – was ist das?
Der Hydrocephalus entsteht durch die Erweiterung der Flüssigkeitsräume (Ventrikel) des Gehirns. Das Gehirnwasser (Liquor cerebrospinalis, abgekürzt: Liquor) umspült Gehirn und Rückenmark und schützt die empfindlichen Nervengewebe so bei Erschütterungen. Wird der Abfluss des Gehirnwassers gestört, erweitern sich die inneren Hirnhohlräume und das Gehirn wird zusammengedrückt.
Wie entsteht ein Hydrocephalus?
Der Hydrocephalus entsteht dann, wenn der Liquor nicht richtig abfließen kann und damit der Hirndruck steigt. Er kann vorgeburtlich entstehen und tritt häufig zusammen mit einer Spina bifida auf.
Dennoch sind die Ursachen für das Auftreten von Hydrocephalus und Spina bifida nicht unbedingt die gleichen. Für die Entstehung des Hydrocephalus gibt es bekannte und auch unbekannte Ursachen.
Im Hinblick auf die bekannten Ursachen kann man folgende mögliche Faktoren einer Entstehung nennen:
- Gehirnblutungen während der Geburt
- Entzündungen (z. B. Hirnhautentzündung) oder Blutungen nach der Geburt
- Bestimmte Erkrankungen der Mutter während der Schwangerschaft (Toxoplasmose, Röteln oder andere Virusinfektionen)
- Keimschädigung bei den Eltern
- Neuralrohrdefekte, wie beispielsweise Fehlbildungen im Gehirn
Der Hydrocephalus kann auch später und damit in jedem Lebensalter auftreten, beispielsweise durch Infektionen, Kopfverletzungen oder Tumore.
Was bedeutet das für mein Kind?
Die Auswirkungen eines Hydrocephalus sind sehr individuell. Tritt der Hydrocephalus vor oder nach der Geburt auf, solange die Schädeldecke noch nicht verfestigt ist, kann der Druck des Gehirnwassers zu einer Vergrößerung des Kopfumfangs führen.
Auch lässt sich häufig beobachten, dass der Säugling die Augen nicht mehr nach oben heben kann (Sonnenuntergangsphänomen). Hier ist eine künstliche Ableitung des Gehirnwassers notwendig.
Um das Gehirnwasser abzuleiten hat sich allgemein die Versorgung mit einem Ventilsystem durchgesetzt. Dieses reguliert den Gehirnwasserdruck und verhindert gleichzeitig einen Rückfluss. Aus einer der Hirnseitenkammern (Seitenventrikel) wird das überschüssige Gehirnwasser mit Hilfe eines Schlauch-Ventil-System (Shunt) aus Kunststoff unter der Haut in die Bauchhöhle (peritoneale Drainage oder peritonealer Shunt) geleitet. Durch diese künstliche Ableitung ist in vielen Fällen der Hydrocephalus gar nicht sichtbar. Bei einem Shunt müssen immer wieder Routineuntersuchungen durchgeführt werden und es kann sein, dass immer wieder Operationen notwendig sind, in denen der Shunt repariert oder gar ganz getauscht werden muss. In machen Fällen verhindert eine Engstelle den Abfluss.
Eine weitere Behandlungsmöglichkeiten ist dann eine Endoskopische Drittventrikulostomie (ETV), bei der ein kleines Loch in den Boden des dritten Ventrikels gemacht wird, um den Fluss des Liquor zu ermöglichen.
Medikamente können ebenfalls in einigen Fällen eingesetzt werden, um die Produktion von Liqour zu reduzieren und Symptome zu lindern. Sie sind jedoch keine dauerhafte Lösung.
Beeinträchtigungen, die durch den Hydrocephalus entstehen, können sein: Teilleistungsschwächen, Epilepsie oder auch schwere neurologische Ausfälle.
Von der Arbeitsgemeinschaft Spina Bifida und Hydrocephalus e.V. werden in diesem PDF (PDF-Download) häufig gestellte Fragen und Antworten zum Thema Hydrocephalus zur Verfügung gestellt.
Was können wir tun?
Da ein Hydrocephalus nicht vollständig heilbar ist, wird eine medizinische Begleitung meist lebenslang notwendig. Der operative Einsatz des Shunts erfolgt im Krankenhaus und sorgt dafür, dass das Gehirnwasser ablaufen kann und der Hirndruck reguliert wird. Auf der Seite hydrocephalusseite.de findest Du ein Gästebuch in dem viele Selbstbetroffene ihre Erfahrungen zum Leben und auch Operationen mit Hydrocephalus teilen.
Je nach Auswirkungen des Hydrocephalus sind unterschiedliche Therapien hilfreich und notwendig.
Eine Anlaufstelle für Therapie und Förderung ist die Frühförderstelle oder das sozialpädiatrische Zentrum, deren Adressen dir der Kinderarzt vermitteln kann (für Bayern findest Du diese auch in unserer Datenbank). Dort werden dann gemeinsam mit dir als Elternteil und einem Team aus Fachleuten passende Therapie- und Fördermöglichkeiten gefunden.
Ziel dabei sollte es immer sein, dem Kind trotz Einschränkungen zu ermöglichen, seinen Alltag selbstbestimmt zu meistern.
Es gibt noch weitere Therapie- und Fördermöglichkeiten, die für ein Kind mit Hydrocephalus hilfreich sein können. Fachleute können dir hilfreiche Tipps und Tricks an die Hand geben, wie ihr euren Alltag so gestalten könnt, dass sich dein Kind wohlfühlt und gut entwickelt.
Nimm hilfreiche Ratschläge an, aber traue dich auch, deiner eigenen elterlichen Intuition zu folgen. Schließlich kennst Du dein Kind am besten.
Wo finde ich Hilfe?
In Deutschland kannst Du dich vor allem auf der Internetseite der Arbeitsgemeinschaft Spina Bifida und Hydrocephalus e.V. informieren. Dort findest Du zahlreiche Infomaterialien, Literatur und Links. Wir empfehlen dir dort einmal vorbeizuschauen und die vielen ausführlichen Informationen rund um Hydrocephalus zu nutzen. Anfragen bezüglich einer Beratung kannst der Arbeitsgemeinschaft hier per E-Mail ganz einfach senden.
Besonders empfehlen möchten wir dir den YouTube Kanal von spinabifida 97. Sie ist selbst Betroffene einer Spina bifida und eines Hydrocephalus und erzählt aus ihrem Alltag und gibt Antworten auf viele Fragen rund um diese Themen. Der Kanal ist derzeit inaktiv, die Videos stehen jedoch weiterhin zur Verfügung.
Weiterführende Informationen
- Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. und die Broschüre des bvkm Mein Kind ist behindert – diese Hilfen gibt es (PDF-Download)
- Pflegetagebuch des Sozialverband Deutschland (PDF-Download)
- Das Geschwisterkinder-Netzwerk - Netzwerk für die Versorgung schwerkranker Kinder und Jugendlicher e. V.
- Informationen über Frühförderung und Frühförderstellen auf der Seite frühförderstellen.de
- Sozialpädiatrische Zentren deutschlandweit auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für
Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e.V. und bayernweit auf der Seite der Arbeitsstelle Frühförderung Bayern
- Informationen über Offene Hilfen in Bayern auf der Seite der Lebenshilfe (Landesverband Bayern)
- Informationen über Logopädie - Deutscher Bundesverband für Logopädie e. V.
- Informationen über Ergotherapie - Deutscher Verband Ergotherapie e. V.
Quellenverzeichnis
- https://asbh.de/themen/hydrocephalus/
- http://www.kinderneurochirurgie-leipzig.de/schwerpunkte/hydrocephalus/
- https://www.youtube.com/watch?v=st4AgRU6GT
- http://www.kinderneurochirurgie-leipzig.de/schwerpunkte/hydrocephalus/
- https://www.muenchen-klinik.de/krankenhaus/schwabing/kinderkliniken/kinderchirurgie-kinder-op-zentrum/behandlung-kinderchirurgie/kinder-neurochirurgie/
- https://www.ninds.nih.gov/health-information/disorders/hydrocephalus
- https://www.ucsfbenioffchildrens.org/conditions/congenital-hydrocephalus