Pflegeversicherung
Verhinderungspflege
Stand: 15.01.2024
Viele pflegebedürftige Personen werden in ihrer häuslichen Umgebung von privaten Pflegepersonen gepflegt. Sollte einer dieser Pflegepersonen aufgrund eines Erholungsurlaubes, einer Krankheit oder anderen Gründen die Pflege nicht erbringen können (die Pflegeperson ist also verhindert), dann übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten für eine Ersatzpflege. Welche Voraussetzungen hierfür erfüllt sein müssen und welche Beträge die Pflegeversicherung übernimmt erfährst Du in diesem Fachbeitrag.
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Hinweis: Seit dem 01.01.2024 gilt für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit den Pflegegraden 4 oder 5 bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres bereits das Entlastungsbudget, welches durch das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz eingeführt wurde. Weitere Informationen hierzu findest Du am Ende dieses Fachbeitrags.
Im Überblick
Voraussetzungen
- Die pflegebedürftige Person hat mindestens Pflegegrad 2. Sie lebt nicht in einer stationären Pflegeeinrichtung, sondern wird im häuslichen Umfeld gepflegt.
- Die Pflegeperson pflegt die pflegebedürftige Person bereits seit mindestens sechs Monaten.
Leistungen
Die Pflegeversicherung übernimmt die Kosten für eine Ersatzpflege für max. sechs Wochen pro Kalenderjahr.
Antrag
Die Beantragung muss nicht im Voraus erfolgen. Die Pflegekasse übernimmt die nachgewiesenen Kosten, sofern diese den Höchstbetrag nicht übersteigen.
Gesetzliche Grundlage
Die gesetzliche Grundlage dazu ist § 39 SGB XI.
Was ist Verhinderungspflege?
Hat eine Pflegeperson eine pflegebedürftige Person mindestens sechs Monate in ihrer häuslichen Umgebung gepflegt, so übernimmt die Pflegekasse bei Verhinderung der Pflegeperson, z. B. wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen die Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens sechs Wochen bis zu einem Gesamtwert von 1.612 € je Kalenderjahr (§ 39 SGB XI).
Die Verhinderungspflege wird auch als Ersatzpflege oder Urlaubspflege bezeichnet. Es handelt sich bei dieser Leistung der Pflegeversicherung um eine Sachleistung.
Die Verhinderungspflege kann auch außerhalb des häuslichen Bereichs erfolgen. Sie muss nicht durch eine professionelle Pflegefachkraft erbracht werden, es muss sich auch nicht um einen von der Pflegekasse zugelassenen Pflegedienst handeln. Verhinderungspflege kann z. B. vom Familienentlastenden Dienst (FED, FUD) erbracht werden, aber auch durch jede andere Person.
Wer hat Anspruch auf Verhinderungspflege?
Pflegebedürftige Personen, die mindestens Pflegegrad 2 haben und in häuslicher Umgebung gepflegt werden, haben bei Verhinderung ihrer Pflegeperson Anspruch auf Ersatzpflege. Die Pflegeperson hat die pflegebedürftige Person bereits sechs Monate in der häuslichen Umgebung gepflegt.
Beim Besuch einer Einrichtung der Kurzzeitpflege entfällt die Notwendigkeit, zuerst sechs Monate gepflegt zu haben.
Wie hoch sind die Leistungen der Verhinderungspflege?
Wird die Verhinderungspflege durch entfernte Verwandte (ab dem 3. Grad der Verwandtschaft) oder von Nachbarn geleistet, können Leistungen bis zu sechs Wochen und bis zu einem Höchstbetrag von 1.612 € ausgeschöpft werden. Verwandte und Nachbarn müssen über den Betrag, den sie für die Übernahme der Pflege erhalten haben lediglich eine Quittung ausstellen, um die Aufwendungen für die Ersatzpflege nachzuweisen.
Bei nahen Verwandten (bis zum 2. Grad, z. B. Eltern, Großeltern, Enkelkinder, Geschwister) und bei häuslicher Gemeinschaft mit der pflegebedürftigen Person werden Kosten in der Höhe des 1,5-fachen jeweiligen monatlichen Pflegegelds (entspricht dem Pflegegeld für 6 Wochen) je Kalenderjahr gewährt. Nachgewiesener Verdienstausfall und nachgewiesene Fahrtkosten können erstattet werden.
Eine Übertragung nicht genutzter Verhinderungspflege in das neue Jahr ist nicht möglich. Sie verfällt immer zum 31.12. eines Jahres.
Kann die Verhinderungspflege aufgestockt werden?
Leistungen der Kurzzeitpflege können zusätzlich für Verhinderungspflege ausgegeben werden, jedoch nur bis zu einem Betrag von 806 €. Dadurch ergibt sich ein maximaler Betrag von 2.418 € pro Jahr, der für die Verhinderungspflege ausgegeben werden kann. Diese Leistung (Aufstockung) muss bei der Pflegekasse beantragt werden.
Ab welcher Dauer der Verhinderung kann Verhinderungspflege beansprucht werden und wird während der Verhinderungspflege weiterhin Pflegegeld bezahlt?
Die Verhinderungspflege kann auch stundenweise abgerufen werden, z. B. für die Zeit eines Arztbesuchs. Das Pflegegeld wird bei stundenweiser Inanspruchnahme der Verhinderungspflege von weniger als acht Stunden täglich nicht gekürzt. Tage mit weniger als acht Stunden Verhinderungspflege werden außerdem nicht bei der Höchstdauer von 28 Tagen im Kalenderjahr berücksichtigt. Bei einer längeren Verhinderungspflege wird die Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes für bis zu sechs Wochen im Jahr weitergezahlt.
Beispiel: Die Pflegeperson ist für 15 Tage verhindert. Während dieser Zeit übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten für eine Verhinderungspflege. Die pflegebedürftige Person hat den Pflegegrad 3 und erhält Pflegegeld in Höhe von 573 € monatlich (1/30 von 573 € = 19,10 € am Tag). Für den ersten und letzten Tag der Verhinderung wird weiterhin das volle Pflegegeld ausbezahlt (dies entspricht 2/30 von 573€ = 38,20 €). Für die verbleibenden 13 Tage erhält die pflegebedürftige Person nur anteiliges Pflegegeld, und zwar die Hälfte (50 % von 573 € = 286,50 €. 13/30 von 286,50 € = 124,15 €). Sobald die Pflegeperson die Pflege wieder übernimmt, also nach der Verhinderung, erhält die pflegebedürftige Person wieder das volle Pflegegeld.
Kann Verhinderungspflege auch im Ausland beansprucht werden?
Verhinderungspflege kann auch während einer Urlaubsreise des zu Pflegenden und der Pflegeperson im Ausland beansprucht werden (= vorübergehender Auslandsaufenthalt) z. B. wenn die Pflegeperson im Auslandsurlaub an der Pflege verhindert ist. Es werden die entstehenden Kosten für die Durchführung der Verhinderungspflege übernommen. Die Fahrtkosten und Unterkunftskosten der Ersatzpflegeperson werden ebenfalls übernommen, da die Verhinderungspflege durch die Anreise der Ersatzpflegeperson erst ermöglicht wurde (Urteil Bundessozialgericht vom 20.4.2016, Az: B3 P4/14 R).
Alle Informationen findest Du auch nochmal in unserem Erklärvideo zum Thema „Verhinderungspflege“ auf unserem YouTube-Kanal.
Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz
Ab dem 01.01.2024 treten vorgezogene Änderungen durch das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz ein. Für Eltern von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres mit den Pflegegraden 4 & 5 gilt ab dann:
- Die Verhinderungspflege kann bis zu 8 Wochen im Kalenderjahr beansprucht werden und das Pflegegeld wird ebenfalls für bis zu 8 Wochen (anteilig) weitergezahlt
- noch verfügbare Mittel der Kurzzeitpflege können vollständig für die Verhinderungspflege verwendet werden
- die sechsmonatige Vorpflegezeit entfällt
Ab dem 01.07.2025 wird es einen gemeinsamen Jahresbetrag für die Verhinderungs- und Kurzzeitpflege geben und die Voraussetzungen für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege werden so weit wie möglich angeglichen. Ab diesem Zeitpunkt gelten die Regelungen dann für alle Pflegegrade 2 bis 5.
Mehr zum Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz kannst Du auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums nachlesen.
Weiterführende Informationen
- im Online-Ratgeber Pflege des Bundesministeriums für Gesundheit
- in der Broschüre „Mein Kind ist behindert – diese Hilfen gibt es“ des Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm)
- im Ratgeber „Recht auf Teilhabe. Ein Wegweiser zu allen wichtigen sozialen Leistungen für Menschen mit Behinderung“ herausgegeben von der Bundesvereinigung Lebenshilfe
- auf der Seite Familienratgeber.de
Quellenverzeichnis
- Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. (Hrsg.) (2018). Recht auf Teilhabe. Ein Wegweiser zu allen wichtigen sozialen Leistungen für Menschen mit Behinderung. Lebenshilfe-Verlag: Marburg.
- https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/gesetze-und-verordnungen/guv-20-lp/pueg.html
- https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/pflege/online-ratgeber-pflege.html
- https://bvkm.de/wp-content/uploads/FINAL_2018_Mein-Kind-ist-behindert_Stand_23_3_2018.pdf
- http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/
- https://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/portal/t/4tz/page/bsjrsprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=jb-KSRE155711527&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1#focuspoint
Bildquellen
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