Dein Kind hat eine Behinderung? Erste Informationen und Anlaufstellen

Diagnosen

Dein Kind hat eine Behinderung? Erste Informationen und Anlaufstellen.

Stand: 17.04.2024

Eine Diagnose ist für manche Eltern ein Schock innerhalb weniger Sekunden und für andere eine Suche, bei der lange kein Ende in Sicht ist. Mit der Frage, was dein Kind hat, bist Du nicht alleine. Diese Frage ist wohl die eine Frage, die allen Eltern schlaflose Nächte bereitet, von einem Ort zum anderen treibt, Hoffnung gibt oder Träume verändert. Dieser Fachbeitrag soll dir in der Zeit nach der Diagnose-Mitteilung helfen, aber auch dann, wenn Du immer noch im Unklaren bist, was genau bei deinem Kind anders ist. Wir haben im Folgenden einige Unterstützungsmöglichkeiten und Anlaufstellen für dich zusammengestellt, an die Du dich wenden kannst und weiterführende Informationen bekommst.

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Was hat mein Kind? 

Mit der Geburt eines Kindes verbinden die Eltern eine Vielzahl von Erwartungen und Hoffnungen an das Neugeborene, die auch ihren weiteren Lebensplan bestimmen. Diese Vorstellungen und Wünsche orientieren sich in der Regel an einem gesunden Kind oder einem Kind ohne Behinderung, das ihre Zukunftserwartungen erfüllen kann. Doch manchmal kommt es zu Veränderungen, die man im Leben nicht mit eingeplant hat.

Manche Eltern wissen bereits in der Schwangerschaft, dass ihr Kind vermutlich mit einer Behinderung auf die Welt kommt.

Bei anderen Eltern treten Komplikationen während der Geburt auf. Sie nehmen plötzlich die Anspannung und Unruhe der Geburtshelfer wahr und fragen sich, was der Grund dafür ist. Ist das Kind dann geboren, merken sie, dass das Baby sich irgendwie ungewöhnlich verhält oder anders aussieht als erwartet. Für viele Eltern ist das der Beginn des Spekulierens, Hoffens und Hinterfragens. Die Suche nach der Diagnose beginnt. 

Für wieder andere Eltern zieht sich der Prozess bis zur Diagnose noch deutlich länger, da die Kinder in den ersten Lebensmonaten oder Jahren keinerlei Auffälligkeiten zeigen und sich zunächst altersgerecht entwickeln. Erst im Verlauf der Zeit fallen den Eltern Dinge an ihrem Kind auf, die anders sind, als sie es von anderen Kindern gewohnt sind. Sie bemerken Veränderungen, die sie nicht interpretieren können. Die Suche nach einer Diagnose beginnt in diesen Situationen somit deutlich später und zieht sich oft noch länger hin.  

In welcher Situation Du dich auch befinden magst - alle haben den Wunsch eine Diagnose zu erhalten, um zu wissen „was ihr Kind hat“. Sie wollen endlich Gewissheit haben, warum ihr Kind sich so und so verhält dies oder jenes tut oder auch nicht tun kann. Vielleicht gehörst Du auch zu denjenigen, die bereits Gewissheit über die Behinderung ihres Kindes haben und sich nun fragen, was alle diese neuen Wörter überhaupt bedeuten. 

Du bist mit deiner Situation nicht alleine! Denke daran, dass es viele Anlaufstellen und Hilfen gibt.

Zu diesem Fachbeitrag findest Du auch ein Video von uns auf YouTube.

Wichtige Anlaufstellen 

Bei der Diagnosefindung 

  • Sozialpädiatrische Zentren haben das Ziel eine sehr spezialisierte und genaue Diagnose zu stellen. Für Kinder und Jugendliche. 
     
  • Frühförderstellen sind kompetente Ansprechpartner in allen Fragen der kindlichen Entwicklung und der Erziehung. Für Kinder zwischen 0 - 6 Jahren.
     
  • Kinderärzte können dich bei medizinischen Fragestellungen beraten.
     

Für Eltern  

  • In Selbsthilfegruppen kannst Du Eltern finden, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Diese können dich meist am besten verstehen und konkrete Hilfen bieten.
    • SEKO-Bayern: Selbsthilfekoordinationsstelle in Bayern
    • NAKOS: Verzeichnis aller Selbsthilfegruppen in Deutschland
    • intakt-Community: Online-Austausch und Kontaktmöglichkeit mit anderen betroffenen Eltern. Egal, ob Du eine konkrete Frage hast oder Du einfach ein offenes Ohr brauchst.
       
  • Beratungsstellen können dir in verschiedenen Situationen weiterhelfen.
    • psychosoziale Beratungsstellen helfen beispielsweise bei psychischen Belastungssituationen weiter und können dir Möglichkeiten aufzeigen, wie Du die Situation bewältigen kannst.
    • EUTB-Stellen (Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung) beraten rund um die Themen Teilhabe und Rehabilitation. Das Konzept der EUTB-Stellen ist, dass hier eine Beratung von Betroffenen für Betroffene stattfindet.
       
  • Seelsorger können dir Trost spenden, dir zuhören oder dir dabei helfen, deinen Mut wieder zu finden. Wenn Du anonym bleiben möchtest, kannst Du dich an folgende Beratungsstellen wenden:
  • Das Kindernetzwerk ist spezialisiert auf seltene Erkrankungen, steht dir helfend zur Seite und vermittelt ebenfalls den Kontakt zu anderen Betroffenen.
     
  • Verfahrenslotsen unterstützen junge Menschen mit Behinderung und ihre Familien.
     
  • Der Sozialdienst in Kliniken bietet Unterstützung, Beratung und Vernetzung.

Wo finde ich Informationen zu bestimmten Krankheiten? 

Gerade Informationen über die festgestellte Krankheit oder ein Syndrom sind das, was viele Eltern nach der Diagnose interessiert. Was ist das für eine Krankheit/Behinderung? Wie sind die Heilungschancen? Wie wird sich mein Kind entwickeln? Wie wird mein Leben jetzt aussehen? Ganz wichtig ist aber, dass jedes Kind individuell ist und sich anders entwickelt. 

Im Internet findet man heutzutage schnell viele Informationen, die in ihrer Qualität sehr unterschiedlich sind. 

Für einige Behinderungsbilder bzw. medizinische Syndrome haben wir auf unseren Seiten die wichtigsten Informationen für dich zusammengestellt. Unter diesem Link gelangst Du zu einer Übersicht unserer vorhandenen Fachbeiträge. Neben den verschiedenen Diagnosen findest Du dort auch viele hilfreiche Informationen rund um den Lebenslauf eines Kindes mit Behinderung. Vom Kita-Besuch, über Schule und Arbeit bis hin zu Themen wie Wohnen und Pflege- bzw. Krankenversicherung. 

Suchst Du Informationen über sehr seltene Erkrankungen, sind folgende Internetseiten zu empfehlen: 

  • Die Datenbank des Kindernetzwerk e.V. liefert Informationen zu seltenen Erkrankungen.
     
  • Die Seite orpha.net liefert ebenfalls Informationen zu seltenen Erkrankungen und darüber hinaus auch zu den sogenannten Orphan Drugs. Das sind Arzneimittel zur Prävention, Diagnose und Behandlung von seltenen Krankheiten.
     
  • LEONA e. V. stellt Informationen und Links zu seltenen Chromosomenstörungen und Erfahrungsberichte Betroffener zur Verfügung, vermittelt Kontakte zwischen betroffenen Familien.

Wie läuft die Früherkennung bzw. Frühförderung ab?

Alle Eltern bekommen in der Klinik nach der Geburt ihres Kindes ein Untersuchungsheft ausgehändigt, das die Termine für 9 Früherkennungsuntersuchungen in den ersten Lebensjahren enthält und in das die Ergebnisse der Untersuchungen eingetragen werden.

Die ersten Untersuchungen des Neugeborenen werden bereits in der Klinik vorgenommen, die weiteren führen niedergelassene Ärzte (meist Kinderärzte) durch. Dieses Früherkennungsprogramm bildet bis zum 6. Lebensjahr eine Einheit; so ist es möglich, die altersgemäße Entwicklung des Kindes zu beobachten und Fehlentwicklungen, Stoffwechselerkrankungen, Schäden der Sinnesorgane, des Bewegungsapparates oder des Nervensystems frühzeitig zu erkennen.

Eine weitere wichtige Anlaufstelle für die Eltern sind die Frühförderstellen. Die Mitarbeiter dieser Stellen setzen sich in der Regel aus Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen zusammen (beispielsweise aus Heilpädagogen, Psychologen, Sprach- und Ergotherapeuten, Krankengymnasten) und sind in der Lage dir eine umfassende Beratung in allen Fragen der Erziehung und der kindlichen Entwicklung zu geben. 

Frühförderstellen sind offene Stellen, das heißt, Du kannst dich frei dorthin wenden und gehst keinerlei Verpflichtungen dadurch ein. Die Beratung, die Diagnostik am Kind sowie die Förderung sind für dich mit keinen Kosten verbunden.

Gut zu wissen

Wenn innerhalb der ersten 8 Lebenswochen des Kindes ärztlich festgestellt wird, dass das Kind eine Behinderung hat, kann die Mutter bei ihrer Krankenkasse eine vierwöchige Verlängerung der Mutterschutzfrist beantragen.

Außerdem gibt es einige Leistungen und Entlastungsmöglichkeiten, die euch als Eltern und euer Kind unterstützen können. Mit einem Schwerbehindertenausweis stehen deinem Kind beispielsweise bestimmte Leistungen und Rechte zu. Außerdem gibt es einen Pflegegrad für Kinder (diesen kannst Du auch ohne eine Diagnose beantragen) und auch eine Kinderintensivpflege. Bestimmte Hilfsmittel können dein Kind unterstützen und die Selbstständigkeit fördern. Auch können deinem Kind unter Umständen Leistungen der Eingliederungshilfe zustehen. 

Lass dich nicht abschrecken, wenn Du einen Antrag geschrieben und zunächst einen ablehnenden Bescheid bekommen hast. Wenn Du eine konkrete Frage hast, ein offenes Ohr brauchst oder sonst gerade nicht weiter weißt, kannst Du jederzeit in die Community schreiben oder dich an das Team wenden. 

Aktuelle Neuigkeiten, Tipps, Anlaufstellen und Veranstaltungen rund um das Thema Behinderung in Bayern findest Du in unserem Blog.

Weiterführende Informationen und Anlaufstellen
  • Unser Interview zum Thema “Diagnose” mit einer Mutter eines Kindes mit Behinderung. Das Interview kannst Du dir hier auf YouTube ansehen.
     
  • In unserer Adressdatenbank findest Du Anlaufstellen in Bayern
     
  • Der Austausch mit anderen Eltern in unserer Community. In der Regel wurde jeder Antrag schon mal gestellt oder jeder Widerspruch schon einmal geschrieben. Der Austausch untereinander hilft vielen Eltern weiter.
     
  • Buchtipp: „Entwicklungspsychologie genetischer Syndrome“ von Klaus Sarimski mit vielen fachlich-fundierten und ausführlichen Beschreibungen einzelner Syndrome
Quellenverzeichnis
Bildquellen
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